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15.03.2024




 

Foto: hejo@blancio.de

Herzlich willkommen in Blankenheimerdorf

Jaach
Die mundartliche Jaach ist die hochdeutsche „Jagd,“ und über die gibt es bekanntlich kontroverse Ansichten: Hier das edle Waidwerk, dort angeblich sinnloses Töten. Ein Höhepunkt im  Ablauf des „Jagdjahres“ ist wohl die Drievjaach (Treibjagd), die der gestandene Jaachpäächter (Jagdpächter) für seine Jägerkollegen oder auch für prominente Jagdgäste veranstaltet. Früher nahm ich gelegentlich als Treiber an Treibjagden teil, nachdem aber einmal im Waldbereich „Brand“ bei Nonnenbach ein vom Steilhang herab flüchtender Hirsch in mächtigem Satz über mich hinweg sprang, gab ich die Treiberei auf. Op Jaach john (auf Jagd gehen) ist auch heute noch ein gängiges Wort für die Suche nach etwas Bestimmtem. Wir gehen beispielsweise gerne op Schnäppchensjaach beim Schlussverkauf, und wir Burschen begaben uns früher an Badetagen im Blankenheimer Freibad op Weiherjaach, was allerdings unseren Eltern und besonders dem Pastor nicht so gut gefiel. Das Zeitwort „jagen“ ändern wir im Dialekt häufig um in Jaach maache (Jagd machen). Als beispielsweise am 07. März 1945 die Amerikaner Nonnenbach besetzten, machten die Kerle als Erstes Jaach op oos Hohner (Jagd auf unsere Hühner). Die GI´s besaßen eine erstaunliche Logik: Sie killten unsere sämtlichen Hühner, verlangten aber dauernd „eggs“ von uns, auf frische Eier waren sie versessen.

Jähduësch

Ins Hochdeutsche übersetzt: Jähdurst, ein Wort, das man im Lexikon vergeblich sucht und das sich regional im Dialekt aus der Alltagspraxis entwickelt hat. Ähnliche Begriffe sind Jähdöüf (Jähtaufe = Nottaufe), Jähduëd (Jähtod), Jähhonger (Jähhunger) oder auch jährief (jähreif). In jedem Fall wird ein plötzlich eintretendes, negatives Ereignis bezeichnet. Der Jähdurst konnte gefährlich werden, wenn man zu schnell und zu viel auf einmal trank. An der Maiheck (Flurname), wo heute das Pumpenhaus der Wasserversorgung steht, besaßen wir früher eine Wiese. Bei der Heuernte war es oft jämmerlich heiß, der Jähduesch überfiel die Erntemannschaft, einer von uns Pänz wurde losgeschickt, an der Seggebaachquell (Seidenbachquelle, die heute die Wasserversorgung speist) Frischwasser zu holen. Die Quelle war nur wenige Minuten entfernt und trat in einem kleinen Erdfall zutage. Ihr Wasser war eiskalt und köstlich frisch. Wir wurden ermahnt, zunächst die Unterarme ein paar Augenblicke ins Wasser zu stecken und dann langsam und in kleinen Schlucken zu trinken, damit der Körper nicht schlagartig abkühlte. Das konnte böse Folgen nach sich ziehen. Eine derartige jähe Abkühlung nannte man „vertrinken.“

Jannespitter 
Jannes ist eine von mindestens acht Namensgebungen, die der Eifeler anstelle von „Johann“ oder besser noch „Johannes“ kennt, Katze Jannes, auch Jierdrögge Jannes genannt, war beispielsweise ein Einwohner von Blankenheimerdorf. Die Kombination Jannespitter bedeutet somit Johannpeter, sie ist ein häufig angewandter Begriff für eine frei erfundene Person, für die man einen ebenso fiktiven Namen benötigt. Ein ähnliches Beispiel ist Pitterjuësep (Peterjosef). Da klagte beispielsweise seinerzeit Jannespitter über massive Zahnschmerzen. Stombs Wellem, um 1900 ein Wanderschuster und bekanntes Dörfer Original, half ihm aus der Not, - auf seine spezielle Weise. Der kranke Zahn wurde durch einen Peichdroht  (Pechdraht, Schustermaterial) stramm mit dem Tischbein verbunden und Wellem stach den Patienten unversehens mit der spitzen Süül (Schusterahle) ins Hinterteil. Jannespitter machte einen erschrockenen Satz und der Zahn baumelte am Peichdroht. Dunnerkiel, soll sich Jannespitter damals gewundert haben, dä Zannt hatt äwwer deef Wuëzele (Donnerwetter, der Zahn hatte aber tiefe Wurzeln).

Jannewar
Danzen de Möcke em Jannewar, wiëd et Heu on de Botter rar lautet eine uralte Volksweisheit, und die besagt: Ein „warmer“ Januar hart kargen Graswuchs und damit ein „mageres“ Jahr zur Folge. Einen ganz und gar kalten Jannewar hatten wir im Nachkriegswinter 1946/47 mit Minustemperaturen über 30 Grad. Der Winter wurde zum „Hungerwinter,“ weil die Leute ohnehin unter den Nachkriegsfolgen zu leiden hatten. In den Trümmerstädten wurden die Möbel verheizt und der Kölner Kardinal Josef Frings hielt seine berühmte Silvesterpredigt. Ich erinnere mich, dass bei uns der Jrawepötz (Wasserstelle) halbmeterdick zugefroren war und wir kein Wasser mehr schöpfen konnten (wir besaßen damals noch keine Wasserversorgung). Ich weiß noch, dass auf unserem Herd Eisschollen „gekocht“ und zu Trinkwasser aufgetaut wurden. Besonderen Aufwand erforderte in diesem Winter das Tränken unserer vier Stalltiere. Unhygienisch zwar, aber Tatsache: Unser „Herzhäuschen“ hinter dem Haus war unbenutzbar geworden, der hart gefrorene „Inhalt“ türmte sich bis unters Sitzbrett. Der Jannewar ist in der Regel unser kältester Monat und als solcher maßgeblich (Bauernregeln) am gesamten Jahresablauf beteiligt. Abweichungen machen sich unliebsam bemerkbar: Wenn em Jannewar de Möcke schwärme, kammer em Mäez de Uhre sech wärme (Wenn im Januar die Mücken schwärmen, kann man im März die Ohren sich wärmen). Am 23. Januar 1935 kam ich in Schlemmershof zur Welt. Von meinen Eltern weiß ich, dass es ein strenger Winter war, sie haben mich mit unserem schweren Gespannschlitten nach Blankenheimerdorf zur Taufe gefahren.

jäng
Jank ens jäng jät Jrompere holle
(Geh mal rasch ein paar Kartoffeln holen) wurde Jüppche von Mam (Mutter) in den Keller geschickt. Das Umstandswort jäng bedeutete generell „schnell“, wurde aber eigentlich nur im Sinne von „rasch, auf der Stelle, sofort“ angewandt, wenn also sozusagen etwas „auf die Schnelle“ geschah oder geschehen sollte. Die vom Dokter verschriebene Melezien (Medizin) musste schnell beschafft werden und Paul wurde beauftragt: Fahr jäng en de Apthek. Eine Redewendung wie Dr Zoch fährt jäng war dagegen völlig undenkbar, der Zug fuhr schnell, aber nicht jäng. Und wenn heutzutage Jannespitter seine Zeche bezahlt, um den sonntäglichen Frühschoppen zu beenden, tut er das mit den Worten: Jut Jung jeht jetz janz jäng. Unser unvergessener Gastwirt Peter Schmitz (Krämesch Pitter) bediente sich sehr häufig des Wörtchens jäng, beispielsweise musste er abends noch jäng de Söü jät jenn (noch rasch die Schweine füttern). Das verhalf ihm zum Beinamen dr Jäng. Peter war auch Kassierer bei der örtlichen Feuerwehr, die im Mai 1971 ihr 60-jähriges Bestehen feierte. Noch lange nach dem Fest prangte am Giebel des Nebengebäudes der Gaststätte ein schön gemaltes Schild mit dem Hinweis, dass hier der Kassierer Jäng zu Hause sei.

jappe
Die Dialektform des hochdeutschen „japsen“ mit der Bedeutung „nach Luft schnappen, gähnen, hecheln.“ Es gab ein allgemein übliches geflügeltes Wort bei großer Sommerhitze: Et oß esu hejß dat de Kroohe jappe, dass also die Krähen nach Luft schnappen. Mühsam erklomm der etwas gewichtige Thuëres (Theo) den steilen Weganstieg und keuchte: Jungejung, do sen (bin) ech äwwer fies aan et Jappe jeroode (geraten). Und nach getaner Arbeit gähnte Üem (Onkel) Pitter mehrmals herzhaft und stellte fest : Ech han äwwer en Japperej am Liev, ech jlööv, ech moß mech jät op et Uhr läje, er wurde also von endlosem Gähnen geplagt und hielt ein Stündchen „Augenpflege“ für angebracht. Jappe ist verwandt mit „gaffen“ und bedeutet in diesem Fall „anstarren, mit offenem Mund da stehen.“ Daraus entstand der Ausdruck jabbecke (neugierig angaffen) und einen solchen Gaffer nannte man Jabbeck. Es gibt auch heute noch das geflügelte Wort Jappe stich aan (Gähnen steckt an). Das ist ganz gut im Wartezimmer beim Doktor zu beobachten, ähnlich auch das „Auf-die-Uhr-schauen.“ Eine unschöne Redewendung ist dä japp net mieh lang als Vermutung, dass ein Mensch bald sterben wird. Das holländische Wort für „gähnen, gaffen“ ist gapen.

Järv
Unsere Järv war und ist auch heute noch die „Garbe“ und zwar ausschließlich die Getreidegarbe, ein Bündel abgemähter Halme also. Die im Hochdeutschen gebräuchliche „Garbe“ aus einer Maschinenwaffe gibt es eigentlich im Dörfer Dialekt nicht, MG-Järv beispielsweise ist unüblich, allenfalls käme noch MG-Jarb in Betracht. Järve läje (Garben legen) war früher in der Regel die Aufgabe der Frauen bei der Getreideernte. Die vom Mähder (Mäher) mit dem Haverjeschier (Hafergeschirr = Getreidesense) geschnittenen Getreidehalme wurden, meist mit der Sichel als Hilfswerkzeug, aufgenommen und zu einem etwa 30 Zentimeter dicken Bündel zusammen gepackt, wobei das „Augenmaß“ richtungweisend war. Ganz früher wurde das Getreide auch mit der Sichel geschnitten, - eine enorme Knochenarbeit. Die noch lockere Järv kam auf einen Strühbännel (Strohbändel) zu liegen, den in der Regel wir Pänz zuvor angefertigt und auf den Boden bereitgelegt hatten. Solch ein Bännel war mit ganz bestimmten Handgriffen in Sekundenschnelle anzufertigen, - ich weiß nicht, ob ich das heute noch fertig bringen würde. Wenn das Jemadd (Mähgang) zu Ende war, marschierte die Mannschaft zum Ausgangspunkt zurück, auf diesem Weg wurden die Järve jebonne (gebunden). Zum Abschluss ging es ans Kaaste stelle (Kasten stellen). Dabei wurden jeweils neun Järve zu einem Kaaste zusammengestellt, beim Koor (Korn = Roggen) wurde eine zusätzliche Garbe als „Hut“ über den Kasten gestülpt. Eine solche Hootjärv (Hutgarbe) war besonders dick und schwer, beim Järve läje wurde jedes zehnte Bündel als Hootjärv ausgerichtet.

Jasse Päädche
Jasse
war früher der Hausname des landwirtschaftlichen Anwesens Reetz auf dem Kippelberg (heute Roederstein). Ein Päädche war und ist ein kleiner schmaler Fußweg, ein „Pfädchen.“ Nur noch die Senioren in Dorf erinnern sich an Jasse Päädche, das damals als Zugang zu den Gärten am Ortsrand diente. Wo heute das Wohnhaus von Kajo Schlemmer steht, gab es früher Jasse Schüer (Scheune) und neben diesem Gebäude war der Aufgang zu Jasse Päädche. Der meterbreite Pfad führte etwa 80 Meter weit zwischen Stacheldraht- und Gartenzäunen hindurch und mündete auf die Ortsstraße Tonnenpesch, die damals noch ein namenloser Feldweg war. Links vom Päädche lag Jasse Wejd (Viehweide), rechts waren die Gärten von Scholtesse Lej (Leo Hess) und Scholle Pitter (Peter Reetz). Die schmale Gasse war bei uns Burschen manchmal Fluchtweg und letzte Rettung, wenn wir spät abends beim Schellemstöcker spelle (Schelmenstücke spielen = Bubenstreiche) überrascht und von erbosten Dorfbewohnern gejagt wurden. Jasse Päädche führte unmittelbar ins freie Feld und dort waren wir so gut wie in Sicherheit. Jasse Päädche verschwand in den 1960er Jahren bei der Flurbereinigung, mit ihm verschwand ein Stück Jugendzeit.

jätt
Jung dat os äwwer höck noch ens jätt
. Mit diesem, auch heute noch üblichen Zitat, macht der Eifeler seinem Ärger Luft, wenn mal wieder „alles schief läuft.“ Wörtlich übersetzt heißt das: „Junge, das ist aber heute noch mal etwas.“ Das Wörtchen jätt kommt in unserem Dialekt in oft seltsamen Redewendungen vor. Ein paar Beispiele: Dat os äwwer jätt jedohn (Das ist aber etwas getan = schlechte oder vergebliche Arbeit). Dat os mir äwwer jätt (Das ist mir aber etwas = ärgerlicher Kommentar). Dann wiëd des äwwer ad jätt sen (Dann wird dessen aber schon etwas sein = Das ist doch belanglos). Wejste ens jätt wat (Weißt du einmal etwas was = Pass mal auf). Os jätt? (Ist was?). Dä hät jätt ewech (Der hat etwas weg = Der kann was). Bloos dir jätt oder auch drieß dir jätt (Götz-Zitat). Ein altes Sprichwort besagt: Nu halt ens jätt on waat ens jätt on stipp dem Buër de Kaar ens jätt (wörtlich: Nun halt mal etwas und warte mal etwas und stütze dem Bauern die Karre etwas = nichts überstürzen). Sid ens jätt stell (Seid mal still). Mejnste dat jääf jätt? (Meinst du, das gäbe etwas = Denkste du, das gelingt?). Du kanns dech ens jätt opräje (Du kannst dich mal etwas aufregen = Reg dich nicht auf). Jeff mir ens jätt Jrosche (Leih mir mal etwas Geld). Komm jätt eren on kick erüß (Komm ein wenig herein und schau hinaus = Einladung zu kurzer Einkehr). Ech han jätt Steiches em Liev (Ich habe ein wenig Stechen im Leib = Bauchschmerzen).

Jebönn
Auch Jebünn, Mundartwort für „Fußboden“ oder allgemein für Bretterboden. Das Jebönn war im alten Eifeler Bauernhaus wie für de Iëwichkejt (Ewigkeit) aus dicken Eichenbrettern unterschiedlicher Breite gezimmert, die längst nicht immer dicht aneinander lagen. Die Ritzen füllten sich mit der Zeit von selber mit Putzrückständen und Schuhsohlenabrieb und wurden nie gereinigt. Die Bretter wurden in bestimmten Abständen, meist zu besonderen Festen, mit spezieller rotbrauner Jebönnfärv (Farbe) gestrichen, die eine lange Trockenzeit beanspruchte. Tagelang roch es im ganzen Haus unangenehm nach Jebönnfärv. Das frisch gepinselte Jebönn durfte zwei Tage lang absolut nicht betreten werden. Danach wurde ein schmales Brett als Steg von der Tür bis zum Wandschaf (Wandschrank) gelegt, in dem Gegenstände des alltäglichen Gebrauchs verwahrt wurden. Natürlich balancierten wir Pänz verbotswidrig über das Brett, und ebenso selbstverständlich talpten wir auch daneben, auf dem frisch gepinselten Jebönn gab es hässliche Trittspuren, die ein neues Überstreichen erforderlich machten. Auweia! Das Verlegen von Bodenbrettern nannte man bönne, auch später noch, als es Nut- on Fedder-Bredder (Nut- und Federbretter) gab. Der Angeber und Prahlhans wurde mit der Redewendung bliev om Jebönn (bleib auf dem Boden) zurechtgewiesen, und wenn jemand Prügel bezogen hatte, hieß es angelegentlich: Dä hät se äwwer joot jebönnt krijje.

Jebrässel
Ein echtes „Mehrzweckwort,“ das bei den unterschiedlichsten Gelegenheiten Anwendung findet. Generell bezeichnet das von Brassel abgeleitete Jebrässel ein wildes Durcheinander, eine Anhäufung von meist wertlosem Zeug, aber auch Krach und Lärm. Wat os do drüsse für e Jebrässel wundern wir uns beispielsweise über plötzlichen Lärm auf der Straße, und hüër mot dengem Jebrässel op (hör mit dem Radau auf) ist die Aufforderung zur Ruhe, desgleichen auch der Befehl Jeff dat Jebrässel draan (Gib den Krach dran). Beim Aufräumen des Dachbodens fällt üblicherweise eine Menge alter Kram an und eigentlich möchte man dat Jebrässel op dr Sperrmüll schmieße. Das eine oder andere Stück scheint aber doch noch brauchbar, also wird das Zeug aufbewahrt, liegt einem andauernd en de Fööß und wird von einer Ecke in die andere verlagert, bis es endlich doch auf dem Sperrmüllhaufen landet, - und vom Altrüüscher (Altwarenhändler) schmunzelnd einkassiert wird. Kaum aus dem Haus, wird garantiert urplötzlich dieses oder jenes Teil aus dem alten Jebrässel dringend benötigt, ist aber unerreichbar geworden. Da bleibt nur der Trödelmarkt, wo man sich für gute Euros das Gesuchte beschafft und manchmal feststellt, dass man sein eigenes Jebrässel wieder gekauft hat. Einem meiner Bekannten erging es so mit einem Kerzenleuchter.

Jeck
Der Jeck ist ein „Kind“ des Rheinlands, hervorgegangen aus dem hochdeutschen „Geck,“ der einen herausgeputzten „überkandidelten“ Mitmenschen bezeichnet. „Gek“ ist das holländische Wort für „Narr.“ Der rheinländische Jeck dagegen ist in erster Linie eine sehr positive Gestalt: Der Karnevalsjeck, der ausgelassen und  fröhlich zu feiern versteht. Im negativen Sinn kann der Jeck aber auch ein Dummkopf oder Blödian sein. Das Adjektiv zum Jeck ist jeck, bei uns allerdings eher jeckich (siehe jeckich Heulauch). Im alltäglichen Sprachgebrauch sind Jeck und jeck derart häufige Wörter, dass sie sogar Eingang ins deutsche Wörterbuch (Bünting 1996) gefunden haben. Der Jeck kursiert in zahllosen Redewendungen, einige Beispiele: Jecke sin och Löck bei besonders einfältigem Benehmen; Jeck em Rään als Steigerung vom Jeck; mot ejnem dr Jeck maache bedeutet jemanden „veräppeln,“ und dazu gibt es ein Anekdötchen: Unser unvergessener Gastwirt Krämesch Pitter (Peter Schmitz) fühlte sich von seinen Thekengästen auf den Arm genommen und wehrte sich: Ihr wollt wohl mom ärme Jeck dr Wetmann maache! Wetmann ist der gängige Ausdruck für „Witwer.“ Das war ein lustiger Versprecher und sollte richtig heißen: Ihr wollt wohl mom ärme Wetmann dr Jeck maache (Ihr wollt wohl einen armen Witwer auf die Schippe nehmen).

Jeckeböhncher
Wird gelegentlich auch Jecke Böhncher geschrieben. Die beiden Traditionsfiguren aus dem 400-jährigen Blankenheimer Karneval sind sozusagen „weltbekannt.“ Als „Vorspringer“ tanzen sie zu den Klängen des Juh-Jah (Blankenheimer Karnevalsmarsch) den Karnevalsumzügen voraus. Die Jecke Böhncher waren ursprünglich Zugordner (KV Blankenheim), hier hat der Begriff „Jeck“ also eine durchaus ernsthafte Bedeutung. Die Blankenheimer Jecke Böhncher sind einmalig und ausschließlich Blankenheimer Traditionsfiguren, sie sind nirgendwo sonst anzutreffen. Aufgrund dieser Einmaligkeit und wegen ihrer Bekanntheit, bezeichnete man zu meiner Kinderzeit in Nonnenbach jeden kostümierten Karnevalsjeck als Jeckeböhnche. Am Weiberdonnerstag beispielsweise erschienen morgens in unserer Schule ein paar maskierte Frauen aus dem Ort, scheuchten uns Kinder hinaus und versetzten dem protestierenden Lehrer ein paar „Pritschenhiebe.“ Damit hatten wir Schulfrei, - ein von uns Kindern sehr begrüßter Karnevalsbrauch in unserem kleinen Dorf. Die maskierten Frauen nannte man allgemein de Jeckeböhncher. Über die Nonnenbacher Jeckeböhncher schrieb ich einmal einen Beitrag in unserer Tageszeitung. Das rief den geharnischten Protest des Blankenheimer Karnevalisten Hermann Müller hervor: Jecke Böhncher jit es nur en Blangem.

jeckich Heulauch 
Das mundartliche Heulauch ist das hochdeutsche „Heuloch,“ ein etwas seltsamer Begriff, der aber in der kleinbäuerlichen Landwirtschaft früherer Jahre alltäglich war. Das Heulauch war die, durch eine Falltür verschließbare Bodenluke, durch die vom Heustall (Heuboden) aus die täglichen Futterrationen für die Stalltiere in den darunter liegenden Foderjang (Füttergang hinter den Krippen) befördert wurden. Ein Heulauch war aber auch die Öffnung in der Außenwand der Scheune unter dem Dach, durch die beim Abladen das Heu vom Wagen auf den Heuboden gereicht wurde. Als jeckich Heulauch betitelte man damals einen humorvollen Zeitgenossen, der seine Mitmenschen gern veräppelte (sich lustig machte). Diese Bezeichnung ist vermutlich darauf zurückzuführen, daß man sich beim Heuabladen gerne „durchs Heulauch hindurch“ von draußen nach drinnen und umgekehrt, ohne sich sehen zu können, mit witzigen Bemerkungen bedachte: Verrücktes Heuloch. Zu meiner Kinderzeit gab es einen völlig sinnlosen Vers: Em Heulauch, em Heulauch, do wiëd mot Heu on Strüh jekauch.

Jediësch
Was bei unsere holländischen Nachbarn „gedierte“ oder „dieren“ heißt, bezeichnen wir als Jediësch: Das „Getier“ oder ganz einfach auch „Tiere.“ Wenn im Frühjahr der Wintervorrat an Heu zur Neige ging, meinte der Eifelbauer: Et wiëd Zitt, dat et Jediësch en et Jras kött (Es wird Zeit, dass die Stalltiere ins Gras kommen = auf die Weide kommen). Wenn im Winter der Schnee hart gefroren war, hoffte der Förster auf Tauwetter: Hoffentlich tüüt et baal, et Jediësch löüf sech de Fööß kapott (Hoffentlich taut es bald, die Tiere laufen sich die Füße wund). Im Bauernhaus zählten nicht nur die Stalltiere zum Jediësch, vielmehr waren sämtliche im Haus lebenden Tiere einbezogen, auch Hund, Katze, Huhn, Kaninchen und sogar Maus und Ratte. Da unterhielten sich zwei Landfrauen über ihr Huusjediësch (Hausgetier) und die Erste erzählte, dass ihre Schäferhündin gerade Junge bekommen habe. Oose os ene Rüde (Unserer ist ein Rüde) meinte die Zweite, worauf die erstaunte Frage kam: Kenne ech net, wat os dat dann für en Rass? (…was ist das denn für eine Rasse). Wenn der Bauersmann die Haustiere zu füttern gedachte, drückte er das so aus: Ech moß dem Jediësch noch jenn (wörtlich: Ich muss den Tieren noch geben). Mattes hatte den Kölner Zoo besucht und berichtete daheim begeistert: Jung du kanns dir net vüerstelle, wat do all für e Jediësch eröm löüf  (…was da alles an Tieren herum läuft).

Jedresse  (weiches e)
Ein echt „fieses“ Wort, wir haben lange überlegt, ob wir es ins Dörfer Lexikon aufnehmen. Es gehört unterdessen zu unserem Mundart-Wortschatz wie das berühmte „Amen en de Kirch,“ und somit ist es auch in der Anwendung längst nicht so drastisch zu werten, wie es auf den ersten Blick scheinen mag, zumal es auch in zahlreichen Redewendungen zu Hause ist. Jedresse ist vom Zeitwort drieße abgeleitet und bedeutet „Kothaufen.“ Eine sehr hässliche und verletzende Redewendung ist  e Jesiëch wie e Jedresse, wo dr Bletz dren jefahren os, eine Übersetzung erübrigt sich hier. Wer in eine üble Geschichte hineingeraten ist, stellt ärgerlich fest: Do han ech äwwer en e Jedresse jetrodde (…in einen Sch.-haufen getreten). Beim Aufräumen in Haus und Hof fällt meistens bergeweise unbrauchbares Zeug an und der Besitzer konstatiert: Dat janz Jedresse wiëd fottjeschmosse (Weg mit dem Kram). Eine hintergründige Redewendung ist jedresse Prömmche (wörtlich: geschissenes Pfläumchen = denkste! So siehst du aus! Falsch!). Ein langer und dünner Mensch ist e lang Jedresse, und wenn sich zwei Personen äußerlich sehr ähnlich sind, sagt man beispielsweise vom Sohn: Dä os se Vader jekotz on jedresse (Sohn und Vater gleichen sich wie ein Ei dem anderen).

Jefei
Zu Großvaters Zeiten war der Stallboden im Eifeler Bauernhaus mit groben, buckligen und meist an der Oberseite abgerundeten Feldsteinen gepflastert. Einen solchen Boden nannte man Jefei, was offensichtlich auf das altdeutsche Wort „feien“ zurückgeht und „schützen, absichern“ bedeutete. Das Jefei war somit eine Bodenbefestigung, ein Schutz gegen Beschädigungen, ein Vorläufer des modernen Fliesen- oder Betonbodens. Der Hof am Eifeler Bauernhaus war generell unbefestigt, lediglich entlang der Hausfront war ein meterbreiter Gehweg mit Steinen gepflastert, zum „Abtreten“ der Schuhe, damit der Hofschmutz nicht ins Haus getragen wurde. Zusätzlich lagen oft vor der Haustür noch ein paar Dännerieser (Fichtenzweige) für die „Feinreinigung“ der Schuhsohlen bereit. Tatsächlich erfüllten diese natürlichen Fußmatten ganz passabel ihren Zweck, nur hielten sie nicht lange vor. Das Jefei im Hof musste jeden Samstag gereinigt werden und das war in der Regel eine undankbare Aufgabe des Familiensprösslings. Zwischen den Steinen klafften breite und tiefe Spalten, in denen sich der Schmutz sammelte. Das geeignete Reinigungsgerät war der selbstgefertigte Birkebeißem, dessen sperrige „Borsten“ das letzte Krümelchen aus den Pflasterritzen heraus beförderten. Et Jefei kehre war eine äußerst unbeliebte, langwierige und schweißtreibende Arbeit.

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Jejrömmels  (weiches ö)
Jrömmele sind „Krümel,“ Jejrömmels bedeutet somit „eine Menge Krümel“ oder einfach „Gekrümel.“ Wenn von Jejrömmels die Rede ist, denken wir zu allererst an leibliche Genüsse, beispielsweise an die „Backtage“ daheim zu unserer Kinderzeit. Wenn da etwa beim „Kirmesback“ Streukooche (Streuselkuchen) hergestellt wurde, gab es für uns Kinder immer etwas zu schnöüse (schlecken, naschen). Mam ließ stets eine Handvoll Jejrömmels vom süßen Streuselbelag übrig, das dann gewissenhaft unter uns Pänz aufgeteilt wurde. Beim Brotschneiden platzten Teile der Kruste ab, und auch dieses Jejrömmels war bei uns beliebt. Noch heute stippen wir unter anderem das Jejrömmels vom Frühstücksbrötchen mit dem letzten Bissen vom Teller auf. Wenn Ohm Mattes sich die Tagesration von der Rolle Strangtabak abschnitt, fiel auch Jejrömmels an, das sorgfältig aufgenommen und in die Tubaksbloos (Tabaksbeutel) getan wurde. Ein ziemlich ekelhaftes Jejrömmels fällt alltäglich beim Geschirrspülen von Hand im Spülbecken an: Die diversen Speisereste aus Pötten und Tellern, die man tunlichst nicht in den Abfluss gelangen lässt. Wenn ich von Jött ein Butterbrot erbettelt hatte, erging stets die Mahnung an mich: Nu eiß richtich on maach kej Jejrömmels, ich sollte also bedachtsam essen und jedes Gekrümel vermeiden, damit nichts verloren ging.

jell
Unser Dialektwort für „gelb.“ Regional wird es unterschiedlich ausgesprochen, im Dörf und in Blangem beispielsweise wird das e hart gesprochen („jäll“), aber schon in Nonnenbach und den übrigen Oberahrorten ist das e „weich“ geworden, ähnlich dem holländischen „geel.“ Das doppelte l wird „gedehnt“ gesprochen, Beispiel: Fell, Gegenbeispiel: Tell. In vielen Fällen wird das Gelb näher beschrieben: Botterjell (buttergelb), strühjell (strohgelb), dödderjell (dottergelb) oder sogar kackjell (gelb wie Kinderkacke). Ein besonderes Gelb ist die Jell Färv (Gelbe Farbe = Gelbsucht), manche Leute ärgern sich beispielsweise de jell Färv aan dr Liev (die Gelbsucht an den Leib). Die Goldammer, der Vogel des Jahres 1999, wurde bei uns daheim Jellert genannt, was soviel wie „Gelbling“ bedeutet, im Kölner Dialekt heißt der Vogel jäl Jösch. Der gelbe Sack ist heutzutage ein Begriff in der Abfallbeseitigung, der jelle Sack war zu unserer Kinderzeit völlig unbekannt, es gab ja auch bei uns noch keine Müllabfuhr. Brennbare Abfälle wurden im Küchenherd verheizt, nicht brennbare Gegenstände schleppten wir zur Weiherberg-Kippe. Jelle ist übrigens auch ein Wort für „mit Geld umgehen = kaufen“ oder auch für „gelten“ (siehe: jelle). Ein allgemein gängiger Begriff war früher et jell Auto als Bezeichnung für das Postfahrzeug.

jelle
Wieder ein Mundartwort mit verschiedenartiger Bedeutung. Jeld ist das Geld, und jelle heißt demnach „mit Geld umgehen“ in der Bedeutung von „kaufen, handeln, kosten.“ Ein artgleiches Beispiel aus dem Englischen sei erwähnt: Bank und Banking. In weiten Teilen der Eifel ist auch jelde gebräuchlich, was die Wortbedeutung deutlicher macht. Auf dem Hellessemer Maad (Hillesheimer Markt) wollte Mattes e Kalev jelle (Ein Kalb kaufen), erkundigte sich zunächst, wat de Kalever jolle (was die Kälber kosteten), fand die Preise akzeptabel, und als er nach Hause kam, hatte er e Köhkalev jejolle (ein Kuhkalb gekauft). Jelle hat unterdessen auch die Bedeutung von „gelten“ in unterschiedlichen Anwendungen. Dat lossen ech jelle (das lasse ich gelten) ist beispielsweise eine Einverständniserklärung. Kicke jilt net hieß es beim Versteckspiel, wenn der „Sucher“ regelwidrig die Hand von den Augen nahm. Wat jilt de Wett ist das Angebot einer Wette. Jelle findet man schließlich noch im Zusammenhang mit „gelb,“ allerdings nur in wenigen Anwendungen: Ene jelle Appel beispielsweise ist ein gelber Apfel, und et Jelle vam Ei ist das Eigelb.

Jelöüf
Das Blattwerk unserer Pflanzen ist im Dialekt allgemein et Louf (das Laub), bei Nutzpflanzen wird daraus aber speziell et Jelöüf (wörtlich = das Gelaube). Klassisches Beispiel hierfür ist das Jromperejelöüf (Kartoffellaub). Wenn unsere Eltern im Oktober aan de Jrompere  jinge (an die Kartoffeln gingen = Kartoffelernte), wurde das verdorrte Jelöuf zu Haufen geschichtet und vor Ort verbrannt. Rauchende Kartoffelfeuer überzogen am Abend eines „goldenen Oktobertages“ das Land mit charakteristischem Geruch. Das Jelöüf musste beseitigt werden, weil es beim anschließenden Pflügen des abgeernteten Ackers hinderlich gewesen wäre. Bei der Rübenernte im Spätherbst fiel ebenfalls Jelöüf an, die frischen Blätter der Knollen waren, im Gegensatz zum Jromperejelöüf, ein begehrtes Viehfutter und wurden restlos heim gekarrt, die Stalltiere fielen geradezu gierig über Kolerawe- oder Rommelejelöüf (Blätter der weißen und gelben Futterrüben) her. Die Blätter lagerten vor dem Haus und waren morgens hart gefroren, ein Vorrat wurde also stets im Foderjang hinter den Futterkrippen im Stall frostsicher aufbewahrt. Im Hausgarten fiel ebenfalls Jelöüf an: Die Blätter von Möhren, Erbsen und Bohnen. Bonnestrüh (Bohnenstroh) und Äezejelöüf (Erbsenlaub) wurden auf dem Beet getrocknet und zusammen mit den Äezerieser (Kletterhilfen, siehe: Äezerieser) verbrannt. Muhrejelöüf (Möhrenblätter) kamen in den Veehejmer (Vieh-, Futtereimer).

Jemadd  (Bild)
Das Jemadd war zur Zeit unserer Eltern ein „Mähgang“ beim Gras- oder Getreidemähen. Die Breite einer solchen „Mahd“ war bestimmt durch die Fülle des Mähgutes, die Länge des Sensenstiels und nicht zuletzt durch die Armmuskeln des Mähders (Mähers). Unter günstigen Bedingungen konnte ein Jemadd bis zu gut zwei Meter breit werden. Auch den beim Mähen entstandenen Graswulst nannte man Jemadd. Es war im Krieg, 1943 oder 1944, drei Männer aus Nonnenbach und mein Vater hatten Heimaturlaub und mähten gemeinsam der Reihe nach die Heuwiesen des Dorfes. Auf unserer Wiese am Stömpche (Flurbezeichnung) wurde begonnen, die drei Nonnenbacher gedachten, dem schmächtigen Vossen-Hein einmal zu zeigen, wie gemäht wird. Sie teilten ihm das erste Jemadd zu, er musste also zusehen, dass er den Nachfolgenden üß de Fööß kam und damit wollten sie ihn in Bedrängnis bringen. Die Wiese war etwa 80 Meter lang, Vater zog seinen Verfolgern davon, und als er am Ziel war, hatten die Drei kaum zwei Drittel des Weges geschafft. Dunnerkiel, Hein, wo häß du esu mähe jeliert (…wo hast du so mähen gelernt) wunderte sich Jupp, der das Wettmähen ersonnen hatte. Als Schreiner handelte Vater nach dem Motto „Mit stumpfem Werkzeug kann man keine gute Arbeit machen,“ seine Sense war scharf wie e Bartmetz (Rasiermesser). Vater hatte auf dem Jemadd nur viermal schliefe (mit dem Wetzstein nachschärfen) müssen, die anderen hatten dreimal so oft geschliffen...

Jering 
Mit „gering, minderwertig“ hat das Wort absolut nichts zu tun, vielmehr war es ein Begriff aus der Heuernte und bezeichnete die „Schwaden,“ zu denen das trockene Heu fürs Einfahren zusammen geschichtet wurde. Das geschah früher in mühsamer Handarbeit mit dem hölzernen Reichel (Rechen). Damals war für die Heuernte die gesamte Hausmannschaft erforderlich, dank moderner Maschinen erledigt heute ein Mann allein alle Arbeitsgänge, vom Mähen bis zum Pressen. Das Jering war eine, aus vier Rechenbreiten zusammen gescharrte „Heuwurst,“ der Abstand der Jeringer (Mehrzahl) untereinander war so bemessen, dass der Heuwagen bequem in den Zwischenraum passte und von beiden Seiten aus beladen werden konnte. Wer gutes Heu ernten wollte, der unterzog sich früher einer zusätzlichen, heute nicht mehr üblichen Arbeit: Hoppe. Das Heu wurde auf Haufen (Hoppe) gesetzt und über Nacht „ziehen“ gelassen. Am nächsten Morgen wurde es in dicken Lagen grob auseinander gestreut, die Restfeuchtigkeit trocknete auf und am Nachmittag konnte eingefahren werden. Auch beim Hoppe mussten zum Aufgabeln Jeringer hergestellt werden. Nur das „gehoppte Heu“ sei gutes Heu, lautete damals eine Faustregel, weil durchs Hoppe der letzte Feuchtigkeitsrest „ausgeschwitzt“ würde.

Jespehr
Wörtlich übersetzt: „Gesperre,“ aber nicht identisch mit der hochdeutschen Bezeichnung einer Sperrvorrichtung (Technik) oder einer Birkhuhn- und Fasanenfamilie (Jägersprache). Unser Jespehr bezeichnet die Innen- und Außenverkleidung von Türen und Fenstern, die früher aus der eigentlichen „Zarge“ und der zugehörigen Umrahmung bestand. Die heutigen Stahlzargen mit beiderseitiger schmaler Umrandung, im Handumdrehen mit Mörtel in das Mauerloch eingegossen und für die Ewigkeit haltbar, kannte man früher nicht. Ein Jespehr beispielsweise für eine Zimmertür herstellen, das war beinahe eine Wissenschaft für sich. Maschinell gefertigte genormte Türen gab es nicht, „Türblatt“ und Jespehr, letzteres bestehend aus hölzernem „Futter“ und „Bekleidung,“ wurden von Hand hergestellt und der vorhandenen Maueröffnung angepasst. Die Befestigung war umständlich: Anstelle der heutigen Mauerdübel, wurden an bestimmten Stellen kurze Kanthölzer in die Wand eingegipst, an denen dann das Türfutter mit Holzschrauben befestigt wurde. Bis ein solches handgefertigtes Jespehr allseitig en dr Wooch (genau waagerecht und senkrecht) stand und die Tür richtig schloss, war nicht selten mancher Tropfen Schreinerschweiß geflossen. An Fenstern gibt es heute kein Jespehr mehr.

Jesteck   (weiches e)
Ein schwer zu übersetzender Ausdruck, der weder mit „Gesteck“ (Blumen) noch mit „Gestick“ (Stickerei) in Verbindung gebracht werden kann. Unser Jesteck ist weit eher so etwas wie eine Befestigung oder Verdichtung, denn es bezeichnet den Unterbau oder die „Packlage“ beim früheren Straßenbau. Als im Jahr 1949 die damalige Gemeindestraße (heute Kreisstraße K 69) von Nonnenbach nach Blankenheimerdorf ausgebaut wurde, erlebte ich vor Ort, wie ein Jesteck entstand und welche Bedeutung es besaß. Das Teilstück zwischen Nonnenbach und unserem Haus, allgemein de Jass (die Gasse) genannt, war bereits um 1940 neu trassiert worden, blieb aber während der Kriegsjahre im Grundbett liegen und verwandelte sich bei Regen in eine Schlammbahn. Die Wehrmacht baute einen „Knüppeldamm“ und sägte hierfür kurzerhand den halben Fichtenbestand am Fuß der Hardt an den Boden. Beim späteren Ausbau wurden an der Katzekuhl (Flurbereich) bei Blankenheimerdorf Steine gebrochen, die etwa 30 bis 40 Zentimeter dicken Brocken wurden als Packlage auf das durch eine mächtige Dampfwalze verdichtete Grundbett gesetzt, Stück neben Stück, von Hand, eine Knochenarbeit. Die Lücken zwischen den Brocken wurden mit Steingeröll ausgefüllt, das ebenfalls in Handarbeit, mit dem speziellen Kisshamer (Kieshammer) aus dicken Brocken hergestellt wurde. Ich selber habe damals als Vierzehnjähriger mit den Kissklöppern (Steineklopfer) den federnden Hammer geschwungen und Schottergeröll fabriziert, - nur so aus Spaß an der Sache. Packlage und Schotter bildeten zusammen das fertige Jesteck, das wiederum mit der Walze verdichtet und mit der Verschleißschicht überbaut wurde. Ein kleines Erlebnis: Übers Wochenende ruhten naturgemäß die Arbeiten. Sonntags erschienen drei jüngere Männer aus Blankenheimerdorf – alle drei sind verstorben –, heizten die abgestellte Dampfwalze an und kutschierten eine Zeit lang mit dem Stahlross hin und her, - bis das rechte Hinterrad in den Graben rutschte. Einer borgte sich unser Fahrrad und strampelte los, nach einer Stunde war der Dörfer Bürgermeister Johann Schang Leyendecker mit dem alten Kassetrecker (Traktor) da. Für die Männer war es ein mühsames „Sonntagsvergnügen,“ aber als die Sonne unterging, stand das Ungetüm endlich wieder ordnungsmäßig auf seinen drei Walzrädern.

Jierdrögg (weiches ö)
Die Eifeler Bezeichnung für Gertrud. Jierdröggendaach (Gertrudentag, Gertrudis, 17. März) war im bäuerlichen Jahresablauf ein ganz besonderer Tag, weil hier die Arbeit in Feld und Garten einsetzte. Jierdröggendaach war im Bauernkalender der Frühlingsanfang. Eine Bauernregel besagt: „Sonniger Gertrudentag Freud dem Bauer bringen mag“. Weitere Formen von Gertrud waren Draut, Drout oder Drögg, im Alltag aber eher in Drautche, Droutche und Dröggche umgewandelt und verniedlicht. In Blankenheimerdorf gab es früher das Geschäft Aan Jierdrögge, zu dem auch eine Bäckerei gehörte. Es ist das Stammhaus des heutigen modernen Kaufhauses Bell, dessen Seniorchef Hans-Josef auch die Bäckerei führt. Aan Jierdrögge war der typische Allerweltsladen, in dem vom Streichholz über Beißemsdroht (Besenbinderdraht), Farben, Brot und Hefeteilchen bis zu Axt und Heugabel alles zu haben war, was der Eifelbauer im Alltag benötigte. Aan Jierdrögge war, wie in allen übrigen „Dörfer“ Geschäften, sonntags nach der Messe der Laden ein Stündchen für die Kirchgänger aus Nonnenbach geöffnet, denen dadurch ein besonderer Einkaufstag erspart blieb.

Jilles
Der richtige Name ist Ägidius und auf einen heiligen Abt zurückzuführen, sein Fest ist der 01. September. Jilles ist die in unserem Dialekt übliche Koseform, allerdings kommt der Name relativ selten vor. In Blankenheimerdorf gibt es in der oberen Buppersgasse das Haus Pützer, dessen ortsübliche Bezeichnung früher aan Jillesse lautete. In dem ehemaligen Bauernhaus Jillesse gab es nach dem Krieg einen Eisverkauf, der sich zunächst auf eine Kühltruhe mit „Eis am Stiel“ beschränkte, dann aber rasch an Zuspruch gewann und zur richtigen Eisdiele wurde. Geführt wurde das Geschäft von Wilhelmine Mina Schröder geborene Schlemmer, eine Tochter aus dem Haus Jillesse. Aus der Eisdiele wurde später das Lokal Treppchen, das inzwischen, nach mehrfachem Besitzerwechsel, aufgegeben wurde. Josef Schröder, der Ehemann von Jillesse Mina, spielte in der von meinem Vater (Vossen Hein) gegründeten kleinen und namenlosen Tanzkapelle die Trompete. Sein Schwager Fritz Schlemmer (Jillesse Fritz) war der Schlagzeuger der „Band,“ Schlemmesch Köbes  (Jakob Schlemmer, nicht verwandt mit Fritz) aus Schlemmershof spielte Akkordeon. Mein angeheirateter Onkel aus Wiesbaum hieß Ägidius Weber. Sein richtiger Beruf ist mir heute noch unbekannt, in Wiesbaum war er Gemeindediener und ein für alles einsetzbarer „Allroundman.“ Wenn bei uns daheim die Herdfeuerung kaputt war, kam Onkel Jilles mit dem Fahrrad von Wiesbaum herüber, brachte Schamott mit und reparierte den „kranken“ Küchenherd. Er war ein kleiner Mann, mit kugelrundem Kopf und einer stets rauhen Stimme. Onkel Jilles stammte aus Esch bei Jünkerath.

Jinsterbeißem                                                                                                                        
Noch zur Zeit unserer Eltern gab es in den meisten Eifelhäusern den Jinsterbeißem, zumindest dort, wo ein Hausbackofen vorhanden war. Der Ginsterbesen nämlich war ein Spezialgerät zur Reinigung der geräumigen, mit Holz beheizten Backanlage. Wenn nach bestimmter Heizdauer der Ofen die nötige Backhitze erreicht hatte, musste möglichst schnell die Glut heraus genommen und das Gehäuse von Asche und Holzkohlenresten gesäubert werden. Hierfür war der selbstgefertigte Jinsterbeißem erforderlich, dessen Material das Eifelgold in beliebiger Menge lieferte. Wie beim Birkebeißem (selbstgefertigter Stall- und Straßenbesen) das Reisig, so wurden beim Jinsterbeißem die dünnen grünen Astruten zu etwa 70 Zentimeter langen, handlichen Bündeln zusammengepackt und auf einen Stiel gesteckt. Der Stiel musste um die drei Meter lang sein, damit die oft geräumige Backfläche des Ofens in ihrer gesamten Ausdehnung erreichbar war. Der frische Jinsterbeißem war naturgemäß ein ziemlich schweres Gerät, dessen Gewicht noch durch „Kühlwasser“ erhöht wurde: In kurzen Abständen wurde der Ginsterwisch in Wasser getaucht, in der Ofenhitze nämlich – meist glühten die Backsteine ordentlich – gerieten die Zweige trotz ihrer saftigen Frische rasch in Brand, außerdem förderte die „Wässerung“ die Aufnahme von Asche und Kohlestückchen. Trotz aller Sorgfalt geriet manchmal ein schwarzes Köhlchen ins Brot. Das schmeckte beim Verzehr der Schnitte zwar ziemlich sauer und knirschte fürchterlich beim Kauen, war aber ansonsten absolut belanglos. Der Jinsterbeißem hielt nur kurze Zeit und mußte oft erneuert werden. Die dünnen Zweige dörrten sehr rasch aus und verbrannten im Handumdrehen. Für die Stall- oder Straßenreinigung war das Gerät wegen der Biegsamkeit seiner Ruten und auch wegen seines Gewichts nicht verwendbar.

 
Es gibt wohl kaum ein kürzeres, dafür aber um so imprägnanteres und vielfältig verwendbares Dialektwort als unser einsilbiges . In meiner Redaktion war jahrzehntelang ein Anlass zu ständigem Spott seitens der „hochdeutschen“ Kollegen. bedeutet so viel wie „los, auf geht´s, vorwärts, voran,“ es ist meistens die Aufforderung an eine dritte Person, etwas zu tun oder fortzusetzen. Wennde mejns, dann jö (wenn du meinst, dann los) ist die allgemeine Reaktion auf einen brauchbaren Vorschlag. Dann jö, losse mir aanfange ist der „Startbefehl“ für den Arbeitsbeginn. Jö, maach vüeraan ist die Aufforderung, mit der Arbeit fortzufahren. Dann jö ist generell als Zustimmung und Einverständnis zu werten: Solle mir net iësch enkoufe fahre? – Mengetwäje, dann jö (Sollen wir nicht erst einkaufen fahren? - Meinetwegen, also los). Nu jö, loss loufe ist generell die Aufforderung, irgendeinen Vorgang zu starten, etwa eine Maschine in Gang zu setzen oder auch, beim Kartenspiel beispielsweise, das Spiel zu eröffnen. Ich kann mich noch erinnern, dass sogar unsere Gespanntiere auf dann jö reagierten. Wo immer die beiden Kühe eingespannt waren, – Wagen, Pflug, Egge,  –  Schwitt und Rüet (Tiernamen) trabten willig los, sobald Ohm Mattes mit der leichten Aufforderung nu jö die Zügel zur Hand genomen hatte. Stock oder Peitsche waren dabei nicht erforderlich. Nu jö, de Trapp erop lautete allabendlich der Elternbefehl an uns Kinder fürs Zubettgehen.

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Jöbbel
Das Göpelwerk, oft auch kurz „Göpel“ genannt, war früher eine gängige mechanische Antriebsmaschine auf dem Bauernhof etwa für den kleinen „Stiftendrescher“ (Dreschmaschine). Je nach Größe der Anlage wurden zwei oder vier Ochsen oder Pferde als Zugtiere eingesetzt, sozusagen als lebende Energieerzeuger, die Stunde um Stunde im Kreis liefen und das schwere Räderwerk in Gang hielten. Einen solchen Jöbbel gab es noch zu meiner Kinderzeit bei unserem Nachbarn Peter Rütz, der mit seiner Familie den alten „Schlemmers Hof“ bewohnte. Der Hof bestand bereits im 17. Jahrhundert und hat dem heutigen Ort Schlemmershof seinen Namen gegeben. Meine Urgroßmutter Ursula Plützer war eine geborene Schlemmer und stammte aus dem alten Hof. Die erwähnte Maschine war ein „Stirnradgöpel,“ dessen Kardanwelle unterirdisch in die Scheune geführt war und dort über ein Vorgelege den Stiftendrescher antrieb. Schlemmesch Jöbbel wurde von zwei starken Ochsen gezogen, wobei die Brüder Hermann und Karl Rütz als Treiber fungierten und mit im Kreis herum laufen mussten. Am Jöbbel john (am Göpel gehen) war eine unbeliebte, weil langweilige Aufgabe. Sich auf den Zugbaum hocken und einfach mit herumziehen lassen, ein solcher Versuch wurde schon im Keim erstickt: Die Mehrbelastung  machte sich deutlich an der Dreschmaschine bemerkbar und aus der Scheune tönte des Hausherrn mahnende Stimme. Den schönen alten Jöbbel gibt es längst nicht mehr, er wäre heute ein wertvolles Museumsstück.

Jöck (weiches ö)
In diesem Augenblick, da ich den Begriff zu Papier bringe, verspüre ich am linken Handgelenk intensiven Jöck. Das sollte ein gutes Zeichen sein, denn im Volksmund heißt es – und auch der Doktor kennt diese Weisheit – e Wiehche, wat jöck, dat heijlt (eine juckende Wunde heilt). Sie hatten mich am „Karpaltunnel“ operiert, die Wunde ist gut verheilt und juckt zeitweise fürchterlich. Jöck ist unser Wort für Juckreiz. Viele von uns kennen den Wahrheitsgehalt der Behauptung Jöck os schlommer wie Peng (Jucken ist schlimmer als Schmerzen). Wer beispielsweise einmal mit der Neurodermitis in Berührung kam, weiß Bescheid. Manchmal wird der Spruch auch abgewandelt in Jöck os schlommer wie Heimweh und das will schon einiges besagen. Jöck am Liev (am Leib) ist eine Begleiterscheinung verschiedener Krankheiten, darunter fällt unter anderem auch Jöck am Aasch (am Hinterteil), was nach dem Krieg bei uns Kindern gar nicht so selten vorkam. Juck an dr Nas, Schatz auf der Straß ist auch heute noch eine gängige Redensart. Jöck en dr Hand stellt im Volksmund ergiebige Geldquellen in Aussicht. Wo et jöck, do soll mr sech kratze ist ebenfalls eine Volksweisheit, doch steht dem entgegen mr kratz sech off, wo et ejner net jöck und das wiederum besagt, dass sich jemand um Dinge kümmert, die ihn nichts angehen. Als Kinder kannten wir Jöckääsch, das waren die winzigen, behaarten Kernchen der reifen Hagebutte, die auf der menschlichen Haut ein fürchterliches Jucken hervorriefen. Hinter den Hemdkragen des Spielkameraden platziert, konnten sie den „Beschenkten“ zur Verzweiflung treiben.

Jöckääsch  (weiches ö)
Ein längst verloren gegangenes Mundartwort aus Kindertagen. Jöck bedeutet Juckreiz und Ääsch ist die Mehrzahl der bekannten Vier Buchstaben, bedeutet also „Hinterteile“. Es wäre nun aber absolut falsch, aus dieser Kombination auf ein unfeines Wort zu schließen, vielmehr war Jöckääsch der besonders bei den Kindern übliche Ausdruck für die Hagebutten. Die schönen roten Früchte der Wild- oder Heckenrose beinhalten unzählige „Nüsschen“, deren winzige Härchen auf der menschlichen Haut ein fürchterliches Jucken hervorrufen. Dieses natürliche Jöckpolever (Juckpulver) platzierten wir unbemerkt hinter den Hemdkragen des Schulkameraden. Dabei durfte man sich aber tunlichst nicht erwischen lassen, besonders dann nicht, wenn das „Opfer“ kräftiger war als der „Täter“. Als jugendlicher Tunichtgut trug man jederzeit ein paar Jöckääsch in der Hosentasche mit sich. Die Juckwirkung setzte gewöhnlich erst nach etlichen Sekunden ein und so blieb dem Übeltäter meistens Zeit, sich in angemessener Entfernung in Sicherheit zu bringen. Leider gab es die Hagebutten erst im Herbst, wenn die Heckenrosen verblüht waren. Die Jöckääschsaison dauerte immer nur wenige Wochen.

Jöddejass   (weiches ö)
Die Judengasse ist eine Straße am Ostrand von Blankenheimerdorf im oberen Kippelberg. Parallel zur Nürburgstraße, verbindet sie Schossen mit Hohental. Noch nach dem Krieg gab es in der Jöddejass keinerlei Bebauung, heute gibt es kaum noch eine Baulücke. Die Jöddejass war ursprünglich ein unbefestigter schmaler Hohlweg, mehr Feldweg als Dorfstraße. „Judengasse“ als Straßenbezeichnung ist relativ häufig anzutreffen, es gibt eine solche beispielsweise in Aachen. In der Regel handelt es sich dabei um, überwiegend von Juden bewohnte Straßen. Unsere Jöddejass  verdankt ihren Namen den Viehjuden, die hier ihre Handelsware sammelten. Die Jöddejass war Auftriebsplatz für gekauftes und zu verkaufendes Vieh, sozusagen die „Handelszentrale“ der Viehhändler. Aus Erzählungen meiner Eltern weiß ich, dass die Veehjödde bei der Landbevölkerung an- und gerngesehene Leute waren. Sie waren clevere Händler und Geschäftsleute, andererseits aber hielten sie keinem Bauern „den Hals zu“ und ließen auch dort noch mit sich handeln, wo kein anderer „anbeißen“ mochte. Durch ihre weitläufigen Beziehungen waren die Veehjödde in der Lage, so gut wie jeden Kundenwunsch zu erfüllen. Ech kallen ens mom Jödd (Ich spreche mal mit dem Juden) lautete eine allenthalben gebräuchliche Viehhandels-Faustregel, die allerdings längst nicht immer in die Tat umgesetzt werden musste. Meistens nämlich wusste der Veehjödd längst, in welchem Stall e joot Dier (ein gutes Tier = gutes Handelsobjekt) zum Verkauf stand. Im Dörfer Heimatboten Nr. 3 erzählt der verstorbene Johann Friederichs (Klobbe) von drei Veehjödde aus dem Schleidener Tal: Die Brüder Josef und Martin Haas aus Blumenthal, und Otto Kaufmann aus Hellenthal, die zwei- bis dreimal im Jahr für mehrere Tage ins Dorf kamen und Viehhandel trieben.

Jött
Landläufige Bezeichnung für die Taufpatin, die ihr Patenkind liebevoll et Jöttche nannte. Die Jött war in der Regel eine enge Verwandte und gehörte zur Hausgemeinschaft. Sie war in ihrem Wesen vergleichbar mit der „Babička“, die der Sänger Karel Gott in seinem gleichnamigen Schlager beschreibt: Der gute Geist im Haus, die Trostquelle in jedem Kinderleid. Dorfbezogene Bezeichnungen für bestimmte Personen waren früher häufig, Büb etwa oder Männ. Bei uns daheim wurde meine Tante Elisabeth im Dorf allgemein nur Jött genannt. Sogar Lehrer Gottschalk schmunzelte bei der Durchsicht meiner Hausaufgaben: „Da hat dir aber Jött mal wieder geholfen“. Zumindest in Deutsch muß unsere Jött in ihren Kinderzeit eine gute Schülerin gewesen sein: Sie beherrschte die deutsche Sprache fehlerfrei, und besser als Jött hätte auch Lehrer Gottschalk meine Aufsätze nicht korrigieren können. In den 1950er Jahren war unsere Jött aktiv beim DRK Blankenheim tätig, sie wurde dort als „Schwester Elisabeth“ geführt. Auf ihren Diensttitel und auf die DRK-Dienstkleidung war sie stolz. Das männliche „Gegenstück“ zu Jött und Jöttche war und ist der Patt und sein Patenkind, das Pättche.

Jott helef öch
Wir kennen eine Vielzahl von Redewendungen, in denen der Himmelsherr als Helfer und Beschützer angerufen wird. Eine davon ist Jott helef öch, was übersetzt „Gott helfe euch“ bedeutet und meistens als Gruß bei der Arbeit gedacht ist, - richtiger gesagt „wurde,“ denn diesen Gruß hört man heute nicht mehr, allerhöchstens noch aus dem Mund unserer Senioren. Einen Bekannten bei der Arbeit in Haus und Hof, Feld oder Wald, grüßte der Vorbeikommende ganz selbstverständlich mit Jott helef öch und erhielt ebenso selbstverständlich Jott dank öch zur Antwort. Das galt auch bei uns Kindern. Wenn ich beispielsweise beim Holzhaue (Brennholz spalten) war und Kaue Huppert (unser Nachbar Hubert Klinkhammer) des Weges kam, rief er mir Jott helef öch zu, füge aber hinterlistig an: Hau dech net op de Zong (wörtlich: Hack dir nicht auf die Zunge). Das  ärgerte mich gewaltig, wurde doch dadurch meine Hackkunst in Frage gestellt. Ein ebenfalls häufiges Wort des Vertrauens auf die Gunst des Himmels war Wenn Jott well (Wenn Gott es will), beispielsweise Wenn Jott well, kreje mir mohr de Fruëch  eren (wörtlich: …kriegen wir morgen die Frucht herein = werden wir morgen mit der Getreideernte fertig). Heute noch gelegentlich gebraucht ist der uralte Segensspruch En Joddes Name (In Gottes Namen) beim Arbeitsbeginn.

Jott sähn dech
Gott segne dich, - zu unserer Kinderzeit ein häufig gebrauchtes Wort der Erwachsenen uns Pänz gegenüber, wenn einer von uns besonders herzhaft niesen musste. Vielfach bedachten sich auch die Jruëße (die Großen = Erwachsene) gegenseitig mit diesem Segenswunsch, der heute noch in der zeitgemäßen Redewendung „Gesundheit!“ fortlebt. Für unsere Eltern galt noch die Lebensweisheit, dass „alles Gute von oben kommt,“ dass also auch das leibliche Wohlergehen des Himmelssegens bedurfte. Gottes Segen sollte eigentlich von ewiger Dauer sein, unsere Jött daheim kannte aber in unserem speziellen Fall eine Einschränkung: Jott sähn dech honnert Johr, - wennde langer levs, moßtet selever dohn (Gott segne dich hundert Jahre, - wenn du länger lebst, musst du es selber tun). Jött war also der Ansicht, dass der Himmelssegen für ein Jahrhundert genügen müsse, und wer sich erdreistete, älter als hundert Jahre zu werden, der solle gefälligst auch selber für den Segen sorgen. Wer aber wurde früher schon hundert Jahre alt! Manchmal war Jott sähn dech auch ein Kommentar bei besonders intensivem Gähnen.

Jreeßtaat
Die Eifeler Jreeßtaat (Grießtorte), gelegentlich auch Jreeßmäelstaat (Grießmehltorte) genannt, fehlte früher auf keiner festlichen Kaffeetafel, der standesbewusste Eifelbäcker stellt sie auch heute noch her. Eine „Torte“ im Sinne des Wortes war es eigentlich gar nicht, unsere Taat nämlich besteht aus einem Hefeteigfladen mit mehr oder weniger dickem Belag, regional wird daher die Taat auch Fladem genannt, beispielsweise Jreeßfladem oder Prommefladem (Pflaumenfladen). Der Backtag vor Festtagen oder familiären Feiern war für uns Pänz immer ein besonderes Ereignis: Es gab Süßigkeiten verschiedener Art zu naschen, eingemachtes Obst beispielsweise, Kuchenstreusel, süßen Teig und nicht zuletzt den begehrten Belag für die Jreeßtaat. Derartige Leckereien waren bei uns ziemlich selten und wir waren dankbar, wenn Mam oder Jött etwas von dem süßen Zeug für uns übrig ließen. Bei der Herstellung des Grießbelags durften wir ab und zu von dem immer süßer werdenden Jreeßbrie (Grießbrei) kosten. Die Masse bestand aus Milch, Eiern und viel Zucker, da kam auch immer ein gelbes Tütchen Vanillzucker hinein und schließlich sogar Rosenge (Rosinen). Darauf waren wir besonders erpicht, leider aber gab es die für uns nur stückweise, wenn überhaupt, meistens wanderte der gesamte Vorrat in den Jreeßbrie. Dessen Dicke war später ein Kriterium für die Güte der fertigen Jreeßtaat. Vielfach wurde der Grießbelag noch mit dünnen Teigriemchen rautenartig verziert, das war bei uns daheim nicht üblich. Wenn dann später das fertige Produkt aus dem Hausbackofen kam, warteten aller Augen sehnsüchtig auf den Anschnitt der ersten Jreeßtaat, die noch warm besonders gut schmeckte (siehe auch: Taat).

Jromet
Die hochdeutsche Übersetzung lautet „Grummet“ und bezeichnet den zweiten Grasschnitt auf der Wiese. Auf den kargen Eifelwiesen wuchs früher nur an besonders günstigen Stellen nach der Heuernte das Gras so weit nach, dass sich der zweite Schnitt lohnte. Bei uns daheim waren das die Wiesen am „Stömpche“ und an der „Maiheck“ (Flurnamen), auf den übrigen Wiesen wurde bis spät in den Herbst das Vieh gehütet, - die Hohe Zeit der Hütebuben. Jromet maache (Grummet ernten) war eine Handarbeit wie jede andere landwirtschaftliche Tätigkeit, zum Mähen des nur handhohen weichen Grases musste die Sänßel (Sense) ganz besonders sorgfältig jeklopp (geklopft = gedengelt) werden. Der getrocknete Jromet (regional auch das Jromet) war nicht selten derart kurz, dass er beim Einfahren durch die Lücken des Leiterwagens zu Boden fiel. Gelagert wurde der Jromet naturgemäß sozusagen als „Deckschicht“ auf dem normalen Heustapel in der Scheune. Früher wuchsen bei uns an jedem Waldrand wilde Holzäpfel. Die harten, grünen und ungemein sauren Früchte, nicht größer als ein Tischtennisbällchen, waren roh so gut wie ungenießbar, nach drei bis vier Wochen Lagerung im Jrometnest auf dem Heustall (Heuboden) wurden sie prächtig goldgelb, dufteten angenehm, schmeckten sogar einigermaßen und ergaben nicht zuletzt einen ungewöhnlich köstlichen Gelee. Erntezeit für den Jromet war der August, ich weiß noch, das wir Pänz von der Maiheck aus nach dem Jromet endohn (Grummet eintun = ernten) auf die Blankenheimer Kirmes marschieren durften, die am zweiten August-Wochenende stattfand.

Jrompereschale
An der Oberahr das Mundartwort für die Kartoffelschalen. Weit verbreitet ist auch der Begriff Äëpelschale, wobei Äëpel (Erdäpfel) mit dem holländischen Wort „Aardappelen“ identisch ist. Über die Essbarkeit von Kartoffelschalen gehen die Ansichten auseinander, Quellmänn (Pellkartoffeln) in der Schale sind unterdessen für den Kenner ein Genuss. Sofern die Schale sauber und ohne Beschädigungen ist, kann man sie durchaus mit verspeisen. Das ist sogar noch gesund, denn dicht unter der Schale befinden sich die meisten Nährstoffe der Frucht. Früher kamen Jrompereschale in den Söüsejmer (wörtlich: Schweineeimer), in dem alle Küchenabfälle als Tierfutter gesammelt wurden. Die „Augen“ in normaldicken Kartoffelschalen bleiben lange Zeit keimfähig, aus ihnen bilden sich vollwertige Pflanzen: Beim Gartengraben im Frühjahr hatte ich unseren Kücheneimer in die Fuhr (Furche) entleert, im Sommer wuchsen hier Kartoffelpflanzen wie gesät. Schließlich sind Jrompereschale ein uraltes Eifeler Hausmittel für die Schornsteinreinigung, so kurios es auch klingen mag. Die frischen Schalen, auf nicht zu großer Flamme im Holz- oder Kohleherd verbrannt, mindern die Russbildung im Kamin. Das bestätigt auch der Schornsteinfegermeister unserer modernen Tage.

Jrompereschloot  (hartes oo)
Ein ebenfalls an der Oberahr gängiger Begriff für den Kartoffelsalat, regional vielfach eher als Äëpelschlaat bekannt. Es gibt ungezählte Herstellungsarten für das einfache, aber köstliche Gericht, häufig werden Öl oder Mayonnaise verwendet. Unser Familienrezept war zu meiner Kinderzeit die Zubereitung mit Schmand (Rahm zur Butterherstellung, Sahne), daheim wurde überhaupt jeder Salat und jedes Gemüse mit Schmand oder zumindest mit Milch „angemacht.“ Die Erwachsenen gabelten die Jrompereschloot (der Salat ist im Eifeler Dialekt weiblichen Geschlechts) gemeinsam aus dem mächtigen weiß emaillierten Komp (Schüssel), der mitten auf dem Tisch stand. Wir Pänz reichten noch nicht an den Pott heran und hatten unser Tellerchen. Diese Essmanier wäre heute undenkbar, sie war aber damals Landessitte und gewiss nicht weniger hygienisch als das heute noch anzutreffende kollektive Schlürfen aus einem einzigen Schnapsglas. Jrompere waren früher vom Eifeler Mittagstisch nicht wegzudenken, sie sind auch heute noch unverzichtbar. Und Jrompereschloot war und ist eine der einfachsten und beliebtesten unter den zahllosen Zubereitungsformen.

Jrömmel
Der Jrömmel ist generell der Krümel, speziell der Brotkrümel oder vom Kuchen Abgebröckeltes. Darüber hinaus bezeichnet man aber auch andere kleine Teilchen als Jrömmele, Tabakreste beispielsweise (Tubaksjrömmele), Speisereste oder ganz allgemein Kleinigkeiten: Jeff mir och en Jrömmel dovan af (Gib mir davon auch etwas ab). Uns Kindern wurde beim Aushändigen der Brotschnitte aufgetragen: Maach äwwer kejn Jrömmele (zerbröckele das Brot nicht, iss ordentlich), und nach der Mahlzeit wurden de Jrömmele vam Desch jekehrt (der Tisch gesäubert). Allenthalben bekannt ist die Redewendung en Jrömmel en dr Trööt, wenn beim Essen ein Speisebröckchen in die Luftröhre gerät und Hustenreiz verursacht. Derselbe Ausdruck gilt auch allgemein bei Heiserkeit. Eine besondere Delikatesse war und ist der Jrömmelskooche, der allbekannte Streuselkuchen, dessen Eifeler Ausgabe von besonderer Machart war: Aus Sparsamkeitsgründen wurde am süßen Jrömmelsbelaach (Krümelbelag) geknausert mit dem Resultat, dass der Teigboden mindestens dreimal so dick war wie die Streuselschicht. Mit diesem Hintergrund wurde schließlich der Ejfeler Streukooche zum festen Begriff. Jrömmelche (kleiner Jrömmel) war schließlich auch eine Bezeichnung für das Kleinkind. Da fuhr beispielsweise die stolze Mutter ihr Baby spazieren, die Leute schauten in den Kinderwagen und staunten: Nää, wat e lecker Jrömmelche.

Jromperekooche
Der Ausdruck ist sozusagen „ortsfest“  und nur in lokalen Bereichen gebräuchlich. Bei uns in Blankenheimerdorf war er früher üblich, hat aber inzwischen dem allgemein gültigen Rievkooche (Reibekuchen) Platz gemacht. Dabei ist Jromperekooche eigentlich ein wesentlich passenderes Wort, bedeutet es doch Kartoffelkuchen, und treffender kann man das begehrte Pfannengericht nun wirklich nicht bezeichnen. Die Holländer sagen übrigens aardappelpannenkoekje, was wir mit „Erdapfelpfannenküchlein“ übersetzen. Jromperekooche ist eine von beinahe zahllosen Zubereitungsmöglichkeiten unserer Hauptspeise, der Kartoffel. Hauptspeise, der Begriff ist nicht überzogen, unsere Eltern nämlich verzehrten morgens Jrompere mot Melechzupp (Kartoffeln mit Milchsuppe), abends kamen Melechzupp mot Jrompere auf den Tisch. So ganz abwegig ist diese etwas doppelsinnige Theorie nicht. Ich selber kann mich an Kartoffeln, ganz besonders an jebroode Jrompere (Bratkartoffeln) ohne jede Zutat, nur in guter Butter oder Schmalz gebraten, rond on usselich eiße (rund und dick essen). Kalte Jromperekooche, auf einer mit guter Butter reichlich bestrichenen Brotschnitte, das war ein Leckerbissen für meinen Vater Heinrich, und dass es wirklich sehr lecker schmeckt, habe ich längst selber festgestellt. Wenn es zu meiner Kinderzeit daheim Rievkooche gab, leckten sich alle die Finger. Unser „Ackersegen“ (Kartoffelsorte) war naturgedüngt auf unserem Acker gewachsen, Jött (Tante) buk die Kuchen mit selbstgemachtem Schmalz aus der Hausschlachtung, heiß und fettriefend direkt vom Herd aus der Eisenpfanne schmeckten sie am besten. Daran hat sich bis heute nichts geändert.

Jröömes  (hartes ö)
Der Jröömes ist das Wort für die Heiserkeit, - wieder ein Beispiel für die so häufig anzutreffende mundartliche Geschlechtsumwandlung eines Begriffs. Ech han mir jät dr Jröömes jehollt (Ich bin etwas heiser), beklagte sich Nieres (Werner) mit rauher Stimme am Stammtisch, und prompt vermutete einer aus der Runde: Dann häßte dech wahl dis Nääch wier nackich jestrabelt, während sein Nachbar schätzte: Oder hä hät ze lang op dr Huusdüer jestanne. Sich nackt strampeln oder zu lange an der Haustür stehen waren (und sind) stichhaltige Argumente für einen plötzlichen Jröömes. Übermäßig strapazierte Stimmbänder reagieren sauer mit einem mehr oder weniger mächtigen Jröömes, Wahlkampfredner und Karnevalsprinzen vermögen darüber ein Liedchen singen. Kommt noch Alkoholkonsum hinzu, dann ist ein gewaltiger Jröömes bis hin zum beängstigenden Beinahe-Stimmverlust geradezu vorprogrammiert. Die eigene Erfahrung aus früheren Dörfer Kirmestagen hat das gelehrt. Als zwei Tage nach dem Fest die Stimme noch nicht funktionierte, wurde es langsam kritisch. Ein anderer Ausdruck für die Heiserkeit, eigentlich mehr allgemein für eine rauhe Kehle, war jramm (gedehntes m wie bei Damm).

Juch  
Das Wort wird meistens in der Redewendung en de Juch jare (jagen) angewandt. Ein direktes hochdeutsches Gleichwort ist kaum auffindbar, mit „juchhei“ oder ähnlichen Begriffen steht es in keinem Zusammenhang. Am ehesten trifft noch „Angst und Schrecken“ oder auch „große Aufregung, große Eile, Bedrängnis“ zu. In unserer Flegeljahrezeit wurden wir einmal beim Kirschen stibitzen überrascht und in die Flucht geschlagen. Später stellte sich heraus, dass unser eigener Kumpan uns durch die Dorfstraßen verfolgt hatte und der freute sich: Do han ech öch äwwer ens richtich en de Juch jejaach. Manche Leute übertreiben bei allem, was sie erzählen und verängstigen ihre Zuhörer. Hier gilt die gutgemeinte Warnung loss dech van dem net jeck maache, dä well dech nur en de Juch jare. Wenn sich jemand in großer Eile oder Aufregung befindet, sagen wir dä os äwwer en dr Juch, und wenn wir einen Mitmenschen, gewollt oder ungewollt, in Schrecken versetzt haben, so beschwert sich der: Jung do häßte mech äwwer onnüedich en de Juch jejaach. Ein höchst interessanter Ausdruck ist in diesem Zusammenhang Juchledder, was wörtlich Juchleder bedeutet, im Hochdeutschen aber ebenfalls kein Gleichwort besitzt. Mit Juchledder bezeichnen wir abfällig eine unbeliebte, grantige oder auch leichtfertige Person, insbesondere weiblichen Geschlechts. So beschwert man sich beispielsweise über die „Bratschtante,“ die es in jeder Ortschaft gibt: Dat alt Juchledder soll sech öm sech selever kömmere (…soll sich um ihre eigenen Angelegenheiten kümmern). 

Jümmicher
Wenn Jummi „Gummi“ bedeutet, dann kann das Jümmiche nur die Verkleinerungsform davon sein, ein Gummichen also. Früher gab es eine ganze Anzahl verschiedenartiger Jümmicher, heute ist das Wort kaum noch bekannt. „Gummiring klein“ oder englisch „Rubber Band“ sind auch heute noch gängige Begriffe, wenn es um Zusammenbinden oder Verpacken leichter Gegenstände geht, die farbigen „Binder“ kann man haufenweise für ein paar Cents kaufen, in jeder „Haushalts-Box“ sind sie zu finden. Für uns Kinder waren es Jümmicher, sie waren fast immer rot, und sie waren selten und damit wertvoll für uns. Kaputtgegangene Jümmicher wurden so lange immer wieder zusammengeknotet, bis kein Knoten mehr möglich war. Gelegentlich versuchten wir, von einem alten Fahrradschlauch mit der Schere Jümmicher abzuschneiden. Das gelang nie, es sei denn, man hätte sich mit zackenförmigen und relativ breiten „Bändern“ zufrieden gegeben. Das aber waren schon Jummis, wie beispielsweise die breiten roten Dichtungsringe der Einmachgläser, und darum ging es uns nicht. Jümmicher gab es auch beim Fahrradflickzeug, die dünnen schwarz-roten Flicken waren für uns Schlauch-Jümmicher, die millimeterdünnen Ventilröhrchen waren demgemäß eben Ventil-Jümmicher. Aus den Fetzen eines geplatzten Luftballons fabrizierten wir durch Ansaugen im Mund und blitzschnellen „Drehverschluss“ kleine stramme Bällchen. Die titschte man dem Spielkameraden an den Kopf, dabei gab es einen deutlichen Knall. Auf ein bestimmtes Zeichen steckte manchmal der Friseur dem Kunden ein geheimnisvolles Etwas in die Jackentasche. Wir Halbwüchsige hatten zwar bald heraus, dass es sich dabei um „Pariser“ handelte und dass es Jümmicher waren, wir wussten aber mit dem Begriff wenig anzufangen. Dessen Bedeutung wurde uns erst mit 13 oder 14 Jahren klar. Heute wird dem Schulanfänger Sinn und Zweck des Kondoms beigebracht, - ist das vernünftiger?


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