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15.03.2024




 

Foto: hejo@blancio.de

Herzlich willkommen in Blankenheimerdorf

raafe
Im Supermarkt, irgendein Sonderangebot, fast ausverkauft, vier oder fünf Päckchen waren noch in der Kiste, drei Kundinnen berieten sich, ob man kaufen solle oder nicht. Ein massiv- schwabbeliger „Hausfeldwebel“ steuerte die Kiste an, wischte mit einer Armbewegung eine der drei Damen zur Seite, raffte die Päckchen an sich und zog erhobenen Hauptes vondannen… Das war raafe in höchster Vollendung: Sich gierig und rücksichtslos einer Sache bemächtigen, eben „raffen.“ Das war ein Raafzannt (Raffzahn), wie er im Buche steht, ein von Raffsucht gezeichneter Raafalles. Generell steht raafe für eine unangenehme und negative Eigenschaft, unser Dialekt kennt den Ausdruck unterdessen auch mit der positiven Bedeutung von „sammeln, einsammeln, auflesen, horten.“  Das Aufsammeln der Kartoffeln bei der Ernte auf dem Feld heißt bei uns Jrompere raafe, wir Kinder mussten auf dem abgeernteten Kornfeld Ähre raafe und im Wald Dännebetze raafe (Fichtenzapfen aufsammeln) fürs Herdfeuer. Raafe in Verbindung mit op steht auch ganz allgemein für „vom Boden aufheben,“ beispielsweise die vom Baum gefallenen Promme opraafe (Pflaumen auflesen). Do litt ene Penning, raaf en op (Da liegt ein Pfennig, heb ihn auf) stammt noch aus der Zeit, als ene Penning och Jeld (ein Pfennig auch Geld) war. Und nicht zuletzt bedeutet raafe sogar „ohrfeigen“: Jeff dech en de Rouh soss kreste ejne jeraaf (Gib Ruhe oder du fängst eine Ohrfeige ein).

Rään
Beim Botterdrähe (wörtlich „Butterdrehen“ = Butter herstellen) gab es ein Kinderliedchen, dessen Anfangstext mir noch im Ohr klingt: Rääne rääne Dröppche, fall net op me Köppche, fall net op me Botterfass, soss wiëd de Botter van oëwe naß, - der Regentropfen sollte also nicht aufs Köpfchen und nicht aufs Butterfass fallen, weil sonst die Butter „von oben nass“ würde. Der Regen kann verheerendes Unheil anrichten, andererseits ist er ein lebensnotwendiges Naturgeschenk. Das kommt in zahllosen Redewendungen, Sprichwörtern und Bauernregeln zum Ausdruck. Do hammer (haben wir) dr Rään ist unser Wort für „schöne Bescherung,“ und Du Jeck em Rään betitelt man einen Mitmenschen, der Unsinn redet. Wenn plötzlich die Hühneraugen zwicken, kündigt das im Volksglauben Regen an: Meng Höhneroure petsche, et jitt Rään. Wenn Regen fällt und dabei die Sonne scheint, bedeutet das: Dr Düwel hät Kirmes (Der Teufel feiert Kirmes). Wenn während einer Trockenzeit ein plötzliches Gewitter Erfrischung bringt, sagt der Bauer zufrieden: Dat Räänche os Jold wert (Gold wert). Eine griesgrämige Miene bezeichnen wir als e Jesiëch wie sibbe Daach Rään (ein Gesicht wie sieben Tage Regen). Eine Wetterregel besagt: Räänt et op Maria Sief, räänt et noch vierzich Daach stief und das will sagen, dass Regen am Fest Maria Heimsuchung (02. Juli) weitere 40 Tage Dauerregen zur Folge hat. Ein früherer „Kirchenspruch“ besagte: Räänt et op dr Pastuër, dann dröpp et op dr Koster (Regnet es auf den Pfarrer, dann tropft es auf den Küster), und das hieß, dass von Spenden und Abgaben an den Pastor auch stets etwas für den Küster abfiel.

Räänwasser
Das Regenwasser von heute ist vermutlich längst nicht mehr das, was es noch zur Zeit unserer Eltern und Großeltern war. Damals konnte man Räänwasser in mäßiger Menge bedenkenlos trinken oder auch notfalls die Autobatterie damit nachfüllen, weil es sich beim Regen ja letztendlich um destilliertes Wasser handelt. Angesichts unserer Luftverschmutzung würde ich persönlich heute von beiden Anwendungen nur noch im äußersten Notfall Gebrauch machen. Als Brauchwasser ist unterdessen der Regen auch heute noch willkommen, weil er eben durch die natürliche Destillation wesentlich „weicher“ ist als normales Quellwasser. Zu meiner Kinderzeit wurde daheim das Räänwasser vorzugsweise bei der großen Wäsche verwendet, sofern sich das realisieren ließ. Wenn es am Waschtag zufällig ein Gewitter gab, wurde rasch die große Zink-Waschbütte unter die Daachtreps (Dachtraufe, die meisten Eifelhäuser besaßen keine Dachrinne) gestellt. Aus der schrägen Dachfalte des Winkelhauses ergoss sich ein ergiebiger Wasserstrahl, der langsam den Auffangbehälter füllte. Nach wenigen Minuten hatte der Regen die Dachfläche von Staub und Schmutz gesäubert, das Wasser konnte dann aufgefangen und sogar getrunken werden. Den sauren Regen, der heute unserem Wald zu schaffen macht, kannten wir damals noch nicht. Unser Räänwasser war von zweifachem Vorteil: Es war der Weisch (Wäsche) dienlich und ersparte uns das mühsame Wasserschleppen vom Bach herauf, - eine Wasserleitung gab es bei uns erst nach dem Krieg.

rackdiment 
Das Wort bedeutet soviel wie „total, absolut, vollständig,“ je nach Art der Anwendung im vollständigen Satz. Beispiele: Dat Huus oß rackdiment affjebrannt (Das Haus ist vollständig niedergebrannt) oder Dä Bähne oß rackdiment verdrüch (Die Wiese ist total ausgetrocknet). Rackdiment ist ein Relikt aus der Franzosenzeit, an das mundartliche Grundwort rack (ganz und gar, durchaus) ist als Verstärkung die französische Nachsilbe „ment“ angehängt und dadurch die Endgültigkeit eines Ereignisses oder eines Zustands hervorgehoben. Regional lässt die Sprechweise rackdimang die französische „Verwandtschaft“ noch deutlicher erkennen. Verschiedentlich ist auch das artverwandte ratsch gebräuchlich, beispielsweise lobt die Mutter den Sprössling: Du häß jo dr Teller ratsch leddich jemääch (Du hast ja alles aufgegessen). Ähnliche Mundartausdrücke sind ratschewech, rackdich, rackaff. Auf die Frage, warum er denn gestern nicht zur Jahresversammlung gekommen sei, erschrak Lambert im Nachhinein: Zackerlötche, dat han ech do rackdiment verschwitz. Und eine gängige Redensart ist Rackdimang de Wohrhejt sohn (Unverblümt die Wahrheit sagen).

ramm
Das Wort wird mit gedehntem m gesprochen wie beispielsweise bei „Damm,“ mit „rammen“ steht es in keinem Zusammenhang, vielmehr bedeutet es „mager“ und in manchen Fällen auch „dünn,“ was unterdessen meistens mit dönn umschrieben wird. Ramm ist in aller Regel als geringschätziges und sogar abwertendes Eigenschaftswort zu werten. So gibt es den Ausdruck Rammdier (Magertier) unter anderem für Menschen, die sich absichtlich zum Knochengerüst „herabhungern.“ Ein Rammdier ist in jedem Fall eine abgemagerte Kreatur, deren Rippen deutlich sichtbar sind. Von einem sehr rammen Menschen behauptet man gehässig: Do kannste üß zehn Meter Entfernung dr Hoot draan schmieße, dä bliev emmer hange (der aus zehn Meter Entfernung geworfene Hut bleibt immer hängen). Ein weiteres Zeichen der Magerkeit ist: Wenn dä en dr Sonn steht, siehste kejne Schädem (der wirft keinen Schatten). Wer richtig ramm ist, der moß sech bejm Staubsaure aanschnalle (beim Staubsaugen anschnallen), er muss beim Duschen zwischen den Wasserstrahlen hin und her springen, damit er nass wiëd (wird), und schließlich ist er beim Drachensteigen vüër dem Drachen en dr Luff (er steigt vor dem Drachen hoch).

rammdösich
Ein früher häufig gebrauchtes Wort für „benommen, schwindelig, von Sinnen, verrückt, bekloppt, wild.“ Da raufte sich beispielsweise der Hausherr ob des dröhnenden Lautsprechers im Jugendzimmer die Haare: Dem Jong seng Musik määch mech noch rammdösich. Auf dem Kirmesplatz trabten die Reitponys Stunde um Stunde im Kreis herum und Mäxchen meinte mitleidig: Die ärm Dier mosse jo rammdösich were. Der Wortteil ramm deutet vermutlich auf die Ramme hin und dösich ist verwandt mit „Dusel, duselig, dösig.“ Den von vier Mann bedienten Rammbalken, allgemein auch „Rammbär“ genannt, benutzten früher die Rottenarbeiter bei der Bahn im Gleisbau zum Richten der Schienen. Wer einen Arbeitstag lang das zentnerschwere Rammholz geschwungen hatte, der konnte sehr wohl beim Feierabend rammdösich sein. Im Lexikon (Bünting: Deutsches Wörterbuch 1996) findet man unter rammdösig die Erklärung „benommen, nicht bei der Sache“ und den Hinweis, dass es sich um ein Wort aus der Umgangssprache handelt. Die Holländer sagen „suf“ (gesprochen „süf“) und das bedeutet „schwindelig, benommen.“ Letztendlich muss ich jetzt auch selber feststellen: Die intensive Suche nach einer Erklärung für rammdösig hat mich doch jetzt beinahe rammdösich werden lassen.

Rängel
Ein Rängel war bei uns die Bezeichnung für ein ungewöhnlich großes Teilstück, die grobe Portion einer bestimmten Menge oder Sache. Statt Rängel wird heute noch oft der Ausdruck Rämmel angewendet, bei uns daheim war das aber die Bezeichnung für einen Hügel oder eine Böschung. In Arbeiterkreisen war und ist ein Rängel Flejschwuësch (ein Trumm Fleischwurst am Stück) mit einer Flasche Bier eine beliebte Brotzeit. Wenn am Arbeitsplatz ein Kaufladen oder eine Metzgerei in der Nähe war, wurde dem Handlanger in der Mittagspause Geld in die Hand gedrückt: Jank ene Rängel Flejschwuësch koufe. Das war meistens ein „Sammelauftrag“ für die halbe Mannschaft. Die Wurst musste möglichst frisch sein, die Flasche Bier brachte man gewöhnlich von zu Hause mit, ebenso einen tüchtigen Rängel Brot in Gestalt einer derben Schnedd (Butterbrot). Dieser Mahlzeit gab mancher Arbeiter  den Vorzug vor einem aufgewärmten Mittchen. Sehr verbreitet ist Rängel als Bezeichnung für eine Brechstange oder auch für das Stauchiese (Stocheisen, Schürhaken) einer Heizanlage. In Blankenheimerdorf ist eine solche Art Rängel allerdings nicht gebräuchlich, die Brechstange ist bei uns das Breichiese (Brecheisen).

Rappel 
Rappel
ist generell das Wort für ein lautstarkes Geräusch, speziell für Rasseln, Klappern oder Poltern, das Zeitwort dazu ist rappele. Eine sehr häufige Redewendung ist beispielsweise die Frage Wat rappelt dann do (Was rumpelt denn da). Rappel steht unterdessen auch sehr oft für „Wutanfall, Spleen, Verrücktheit, Fixe Idee.“ Wer jähzornig ist und plötzlich in Wut gerät, der kret ene Rappel (kriegt einen Rappel). Langdauernder Radau ist ein Jeräppel, desgleichen ein ständiges dummes Gerede. Einen Wirrkopf bezeichnet die Mundart als Rappelkopp, und wer launenhaft, verdrießlich oder verschroben ist, den nennt man rappelköppich. Wenn einer alle diese unschönen Eigenschaften besitzt, der wird leicht als Rappelspitter abgestempelt und ist unbeliebt. Ein altes klappriges Auto nennt der Volksmund Rappelskaste oder auch Rappelskoß (Kiste). Beim „Hahnenköppen“ zur Kirmes in Blankenheimerdorf, wird der Angeklagte vom „Hahnengericht“ verurteilt, dessen Mitglieder sich klangvoller Phantasienamen erfreuen. Der Verteidiger des Angeklagten hieß im Urtext Thadeus Rappelsklos, was auf gut Hochdeutsch „Thaddäus Rumpelsklaus“ bedeutet.

Rappelskloos  (hartes o)
Die hochdeutsche Übersetzung lautet „Rappelsklaus.“ Das Wort hat zweierlei Bedeutung. In erster Linie ist der Rappelskloos ein Mensch mit verschrobenen oder unsinnigen Einfällen, eben ein Zeitgenosse, der ene Rappel hät. Von einem solchen Menschen behauptet man: Dä hät se net all, oder hä bruch se net dr Rejh noo (Der hat sie nicht alle, oder er braucht sie nicht der Reihe nach). Mit Rappelskloos bezeichnen wir außerdem einen Störenfried, der durch andauerndes Dazwischenreden oder auch durch fortgesetzten Lärm seinen Zeitgenossen op dr Wecker jeht (sie verärgert): Bos doch ens röühich, du Rappelskloos, mr versteht jo se eije Woët net bie dengem Jeräppel (Sei doch mal ruhig, man versteht ja sein eigenes Wort nicht bei deinem Lärm). Wort- und artverwandt mit dem Rappelskloos sind Rappelspitter und Rappeldönes, beispielsweise die ärgerliche Aufforderung: Wenn du Rappelspitter doch endlich ens de Muul heels! (Wenn du doch bloß mal still wärst). Der Name Rappelsklos kommt auch im Hahnengericht der Dörfer Kirmes vor (siehe: Rappel). Den Rappelskloos zeichnet unter anderem auch ständiges leeres Gerede aus und das verhilft ihm zum Beinamen Räppeler oder auch Muulräppeler (Maulheld).

ratsch
Ein „Schallwort“ zur Beschreibung eines Geräuschs, das beim raschen Zer- oder Durchreißen eines Materials entsteht. Das Zerreißen beispielsweise von Gewebe oder Papier geht mit einem deutlichen ratsch vonstatten. Ein beinahe gleichartiger Mundartbegriff ist rack (siehe auch: rackdiment). In jedem Fall beschreibt sowohl ratsch als auch rack einen ruckartigen oder blitzschnellen Vorgang. So entfernt man beispielsweise ein Wundpflaster tunlichst mit einem kurzen ratsch von der Haut, das ist schonender als ein millimeterweises pingeliges Ablösen. Im Krieg war die russische 76 Millimeter Feldkanone bei den deutschen Landsern als Ratsch-Bumm bekannt und gefürchtet, weil wegen der enorm hohen Geschossgeschwindigkeit Abschuss und Einschlag fast gleichzeitig erfolgten. Von einem Unternehmer, der „über Nacht“ Pleite macht, sagen wir: Dä os ratschewech am Aasch, und bei einer Wirtshauskeilerei hatten sich die Kontrahenten ratsch de Köpf enjeschlohn (die Köpfe eingeschlagen). Bei der Schnäppchenjagd im Supermarkt ratschen sich die Raffgierigen die Beutestücke jäjensiddich üß de Fongere, und beim Schlittenfahren hatte ich mir am Stacheldraht et Bejn opjeratsch (das Bein aufgerissen). Aus diesem Ratsch entstand eine mittlere Blootverjeftung, die unsere Jött mit Essigsaurer Tonerde kurierte.

Rattestätz
In der Natur gibt es keine hässlichen Geschöpfe, jedes Lebewesen ist auf seine Art schön und erfüllt einen ganz speziellen Zweck. Selbst die vielgeschmähte Ratte ist nicht eigentlich hässlich, unerfreulich anzuschauen ist lediglich der nackte und kahle Rattestätz (Rattenschwanz), der dann auch in unserer Umgangssprache Symbol für unliebsame Folgeerscheinungen ist. So ziehen beispielsweise in aller Regel Eingaben an eine Behörde ene Rattestätz van Quästiuëne (eine Unmenge an Nachforschungen) nach sich. In den 1990er Jahren war vorübergehend seltsamerweise der Rattestätz in Gestalt eines langen dünnen Zöpfchens im Nacken bei unseren Jugendlichen Mode, heute ziert ein Wald von Ratteschwänz den einen oder anderen Sportlerkopf. Im Tierladen kaufte Mattes (Matthias) zwölf Stück lebende Ratten und klärte den erstaunten Verkäufer auf: Ech han meng Meetwohnung jekündich, laut Vertrag moß ech die esu verlosse, wie ech se üwwernomme han. Er mußte also den „Urzustand“ seiner Mietwohnung wieder herstellen. Bei uns daheim bestand die Decke im Schweinestall aus armdicken Holzstämmchen, durch deren Ritzen gelegentlich ein echter nackter Rattestätz zum Vorschein kam. Obenauf lagerten die ungedroschenen Hafergarben, und darin hielten sich die Ratten besonders gerne auf. Der ungeschützte Rattestätz wurde meistens brutal mit der Kneifzange „abgepitscht,“ das Schmerzgeschrei des gepeinigten Tieres verstummte erst nach längerer Zeit. Angeblich sollte dieses Geschrei weitere Ratten aus der Scheune vertreiben, ob das tatsächlich der Fall war, weiß ich nicht.

recke
Das Wort ist mit dem hochdeutschen „recken“ identisch und bedeutet „reichen“ in allen möglichen Anwendungen. Recke war zur Zeit unserer Eltern ein alltäglicher Begriff, der insbesondere auch in der Landwirtschaft gebräuchlich war. Als es noch kaum Maschinen gab, war beispielsweise der Recker bei der Ernte eine wichtige Person: Er gabelte das Heu von Boden auf und reckte die Portionen auf den Leiterwagen hinauf. Er reckte auch die Getreidegarben auf den Wagen, so sachte wie möglich, damit nicht zu viele Körner aus den Ähren fielen. Auf gleiche Weise mußte später das Erntegut beim Abladen in der Scheune auf den Heustall (Heuboden) oder den Steijer (Zwischendecke über der Tenne) jereck werden. Recke findet sich in zahlreichen „stehenden Ausdrücken“ in unserem Dialekt. So ist unter anderem Reck mir ens dä Komp erüwwer die Bitte an den Tischnachbarn, die Schüssel anzureichen. Jemandem en Hand recke bedeutet „helfen, mit anpacken.“ Jemandem et Wasser net recke könne ist Zeichen von geistiger oder körperlicher Unterlegenheit. Jeff endlich dat Meckere draan oder moß ech dir ejne recke ist eine Aufforderung, die man tunlichst beachten sollte (Hör auf zu meckern oder muß ich dir eine kleben). Eine unbeliebte Eigenschaft mancher Zeitgenossen wird so beschrieben: Wemmer denne dr klejne Fonger reck, raafen die de janz Hand (Wenn man denen den kleinen Finger reicht, greifen sie nach der gesamten Hand).

Reeme
Treck em e paar mem Reeme
textete seinerzeit Fritz Hannemann in seinem „Ajuja“-Karnevalsschlager. Der Reeme (Riemen) und hier speziell der Leibriemen, mundartlich bei uns Jüërd (Gürtel) genannt, war zur Zeit unserer Eltern in der Tat ein Schlag- und Züchtigungsgerät, das jederzeit und an jedem Ort zur Hand und bei uns Pänz gefürchtet war. Moß ech de Jüerd affdohn! (Muß ich den Gürtel abschnallen!), diese hinter einer Frage versteckte väterliche Drohung verfehlte nie ihre Wirkung. Dr Reeme enger schnalle war und ist meistens eine kriegsbedingte Notwendigkeit. Der Reeme war beim Friseurmeister früherer Jahre ein unentbehrliches Gerät: Ein unterarmlanger breiter Lederriemen, auf dem der Meister das Bartmetz (Rasiermesser) abzog. Der feinste Schleifstein hätte die hauchdünne Klinge irreparabel beschädigt. Eine alte Bauernweisheit behauptet: Üß annerlöcks Ledder os joot Reeme schnegge und das besagt, dass es sich auf Kosten anderer Leute leicht leben lässt. Schohreeme (Schuhriemen) war und ist gelegentlich auch heute noch unser Wort für den Schnürsenkel. Ich selber habe noch zu meiner Gymnasiumszeit (1948 – 1953) in Steinfeld Ledder-Schohreeme (Leder-Schuhriemen) getragen, deren riesige Schlaufen das Missfallen von Pater Theodor erregten, wenn wir am Hermann Josef-Dienstag im Eifeldom Messdiener spielen mussten. Mit Reeme bezeichnete auch der Bauersmann ein langes schmales Stück Ackerland, und die Reemcher aus Teig sind auch heute noch ein dekoratives Attribut auf der köstlichen Eifeler Jreeßtaat (Grießtorte).

Reester
Ein wenig bekanntes Mundartwort, das in dieser speziellen Bedeutung nur in der Landwirtschaft angesiedelt ist. Die hochdeutsche Übersetzung ist „Riester,“ und diesen Begriff gibt es im modernen Lexikon für „Lederflicken“ oder auch im Zusammenhang mit der speziellen Form einer Altersversorgung (Riester-Rente). Ich besitze unterdessen aber noch den wunderschönen dreibändigen „Neuen Herder“ aus dem Jahr 1952, und darin ist „Riester“ auch als „Pflugsterz, Streichblech“ deklariert. Genau das bedeutet auch unser Reester: Das gewölbte Streichblech am Pflug, das den vom Pflugschar abgetrennten Erdstreifen anhebt, umwendet und auf die Seite legt. Das Reester erfüllt die eigentliche Aufgabe des Pfluges: Das Unterste nach oben kehren. Das Reester war das wichtigste Teil an unserem leichten Karrenpflug, nach einigen Betriebsstunden war es blank und glänzte wie eine frisch gescheuerte Herdplatte. Vor der „Winterruhe“ wurden sämtliche Pflugteile sorgfältig gereinigt und eingefettet, ein stark verrostetes Reester nämlich hätte die Funktion beeinträchtigt. Es gibt eine gehässige Redewendung: Dä hät se net all om Reester (nicht alle auf dem Riester haben = „bescheuert“).

Reichel
Der Reichel, gelegentlich auch Reiche genannt, war und ist ein Rechen, speziell ein hölzerner Heurechen, den unsere Eltern und Großeltern selber herstellten. Die Bestandteile waren die Furk (Forke, Stiel), die Plätt (Lochplatte) und die Zänn (Zähne). Als Furk diente ein gabelförmiges Haselnussstämmchen, das im offenen Feuer jebäht (erwärmt) wurde (siehe: Reichelsfurk). Die Plätt wurde auf der Schneggbank (Schneidebank, Werkbank für den Ziehhobel) aus einem Buchenscheit hergestellt. Die Zahnlöcher wurden mit einem glühenden Eisen, meistens einem dicken Nagel, eingebrannt. Einen Handbohrer gab es längst nicht in jedem Bauernhaus. Die Zähne wurden mit dem Teischemetz (Taschenmesser) aus entsprechend gespaltenen Buchenstäbchen geschnitzt, eingeschlagen und angespitzt. Im heißen Sommer wurde der Reichel gelegentlich wann (die Zähne lockerten sich). Dann stellte man das Gerät in ein Wasserbad oder einfach in den Bach, bis das Holz aufgequollen und fest geworden war. Der selbstgefertigte Reichel war 60 bis 70 Zentimeter breit und auch fürs Wenne (Heuwenden) tauglich. Es gab unterdessen im Handel auch große Ziehrechen aus Metall. Bei uns üblicherweise Hans genannt. Der Hans war um die zwei Meter breit, besaß leicht gekrümmte Metallzähne und eignete sich besonders fürs Rejnscheere (Säubern großer Flächen von Heuresten)

Reichelsfurk
Die wörtliche Übersetzung lautet „Rechengabel,“ ein Wort, mit dem auf Anhieb wenig anzufangen ist. Die Furk ist hergeleitet von „Forke“ und somit eine Gabel, der Reichel ist der hölzerne Heurechen, den der Eifelbauer sich selber anfertigte (siehe: Reichel). Die Reichelsfurk ist der gabelförmige Rechenstiel, hergestellt aus einem handlichen Haselstämmchen, das am dünnen Ende eine möglichst stabile Astgabel besaß. Haselholz ist hart, zäh und ziemlich bruchfest, dabei aber biegsam und elastisch, bestens für Reichelsfurke und sonstige Werkzeugstiele geeignet und war in meiner Kinderzeit kostenlos und in beliebigen Mengen bei „Mutter Natur“ zu haben. Heute sind die schönen Haselbüsche weitgehend dem Kulturland gewichen. Die frisch geschnittenen Furken wurden umgehend im offenen Feuer jebäht (unter ständigem Drehen in der Flamme erhitzt). Dadurch löste sich die Rinde vom Holz und konnte leicht abgezogen werden. Das ging aber nur beim frischen Holz, solange der Saft noch „drin war.“ Durch das Bähe wurde der Rechenstiel tadellos glatt und erhielt außerdem eine schöne braune Farbe. Ohm Mattes (mein Onkel) hatte immer zwei oder drei Reichelsfurke als Reserve vorrätig: Bei der Heuarbeit zerbrach gelegentlich ein Stiel. Die Anfertigung neuer Rechen war eine Winterarbeit, ebenso die Herstellung von Birkenbesen aus den im Spätherbst geschnittenen Ruten.

Reiss
Die Reiss, verschiedentlich auch Ress genannt, war ein unentbehrliches Stück im bäuerlichen Alltag: Ein ovaler, aus gespaltenen Holzstäben geflochtener stabiler Korb für den Transport gewichtiger Güter, etwa Kolerawe (Kohlrüben) oder Jrompere Kartoffeln. Die Reiss gab es in den verschiedensten Größen und Formen, eins der gängigsten Stücke war die ovale Zweimann-Reiss, etwa einen Meter lang, 60 Zentimeter breit und 30 Zentimeter tief, sie besaß an jedem Kopfende einen massiven Griff und konnte leicht Zentnerlasten aufnehmen. Im Gegensatz zu der aus Weidenruten geflochtenen Mang (starker, geräumiger runder Korb), wurde die Reiss aus festen „Holzschienen“ hergestellt, - aus ausgesuchtem Schennholz (weiches e, Schienenholz) gespalteten „Riemen.“ Die Schennstäbe mussten astfrei und gerade gewachsen sein, verwendet wurde weitestgehend Haselholz, vereinzelt auch frisches junges Eichenholz. Nur wenige Leute beherrschten die Kunst des Reissflechtens, Peter Hoffmann aus Blankenheimerdorf war einer von ihnen. Er kannte die Stellen, wo gutes Schennholz wuchs, das er bei jongk Liëch junges Licht = Neumondphase) schnitt, weil es da besonders elastisch und leicht spaltbar war. Er hat mir seinerzeit eine ganze Menge über seine Arbeit erzählt.

rejn
Das Wort bedeutet „rein“ und zwar im Sinne von „sauber, einwandfrei,“ nicht zu verwechseln mit der Abkürzung für „herein,“ die nämlich heißt bei uns ren oder eren. Das kleine Wörtchen findet im Alltag ungezählte Anwendung, wenn wir einen Gegenstand, eine Situation, Sache oder Zustand als „tadellos, einwandfrei, makellos, ohne Fehler, angenehm“ oder auch ganz simpel als „sauber“ bezeichnen wollen, sagen wir einfach rejn. Mein früherer Bahnkollege Johann Uedelhoven, im Dorf allgemein nach seinem Hausnamen Schwazze Schäng genannt, hatte einen feststehenden Begriff für alles Positive: Dat os en rejn Saach (Das ist eine saubere Sache). Der Bauersmann nahm es früher mit der häuslichen Reinigung nicht so ganz genau, – die schwere Landarbeit ließ ihm auch wenig Zeit dafür. Samstags wurde unterdessen et Huus rejn jemääch und das bedeutete eine Generalreinigung im ganzen Haus. Und trotzdem kannten und beherzigten die Leute den weisen Spruch: Rejn maache os kejn Kons, wohl äwwer rejn haale (Saubermachen ist keine Kunst, wohl aber Sauberhalten). Als klejn äwwer rejn im Zusammenhang mit Haus und Hof beschrieb man ein schuldenfreies Anwesen. Et Huus rejn haale war eine erstrebenswerte Tugend, die unterdessen nicht immer zur Anwendung kam: Das Haus sauber halten, kein Unrecht dulden. Bei der Heuernte mussten wir Kinder rejnscheere (Heureste mit dem Rechen zusammen kratzen), und vor dem Zubettgehen kontrollierte Mam (Mutter) unsere Kinderhände: Häste och de Fongere rejn?

rejse
Wä vill jerejs os, dä kann och vill verzälle lässt sich sehr gut mit dem hochdeutschen „Wenn einer eine Reise tut, dann kann er viel erzählen“ übersetzen. Rejse bedeutete längst nicht immer eine umfangreiche Ortsveränderung, wenn zum Beispiel unsere Jött die Nachbarin besuchen wollte, drückte sie das so aus: Ech rejsen ens jrad aan Kaue, oder wenn Mam einen Einkauf in Blankenheimerdorf plante, kündigte sie an: Ech moß noch nohm Dörf rejse (wörtlich: Ich muß noch nach dem Dorf reisen). Unverhofft kommt bekanntlich oft, wenn also plötzlich der Besuch aus der Stadt vor der Haustür stand, flüsterte die Eifeler Hausfrau erschrocken vor sich hin: Oje, do kött de janz Verwandschaff aanjerejs on ech han nix em Huus. Da hieß es dann improvisieren, denn der Besuch war in der Regel hongerich van dr langer Rejs (hungrig von der langen Reise). Früher zogen manche Hausierer mit speziellen Waren über Land, ich erinnere mich an einen Verkäufer von Arbeitskleidung, von dem sagten die Leute: Dä rejs en Manschesterbotze on Blaulenge (wörtlich: Der reist in Cordhosen und Blauleinen, siehe dazu: Blaulenge). Wenn wir daheim vom Stubenfenster aus einen Fremden aus Richtung Nonnenbach kommen sahen, hieß es verwundert: Wä kött dann doo de Jass eraff jerejs? Im Krieg hatte die Wehrmacht unsere Schwitt (Tiername) als Heeresvieh requiriert und abgetrieben, das Tier war seinen Bewachern entwischt und kam abends wieder heim. Ich sehe Mam noch, wie sie unter Tränen ausrief: Do kött os Schwitt et Lohr erop jerejs. Das schmale Bachtal bei unserem Haus hieß et Lohr.

Reppe  (weiches e)
Wichtig bei der Aussprache ist das kurze, aber weiche e, das keinesfalls „Räppe“ gesprochen werden darf. Reppe bedeutet „Rippen,“ der Kölner sagt Rebbe und der Holländer „Ribben.“  Eine einzelne Rippe ist bei uns en Repp (weiches e) und bei den Holländern die „rib.“ Die Reppe sind Bestandteil einer Vielzahl von Redewendungen. Wenn beispielsweise jemand von stattlicher Leibesfülle ist, oder wenn jemand eine „dicke Brieftasche“ sein Eigen nennt, behaupten wir von ihm: Dä hät joot jät op der Reppe (wörtlich: Der hat gut etwas auf den Rippen). Wer dagegen kein Geld hat und Hunger leidet, dem jeht et dönn durch de Reppe (geht es dünn durch die Rippen). Wenn wir etwas als unmöglich darstellen wollen, so umschreiben wir das mit dat kann ech mir doch net üß de Reppe schnegge (das kann ich mir doch nicht aus den Rippen schneiden). Ejnem jät en de Reppe döüje bedeutet jemandem etwas zukommen lassen, unterstützen. Ein magerer Mensch hät nix op de Reppe (hat nichts auf den Rippen), man bezeichnet ihn vielfach auch schlicht als Repp, und wenn er derart mager ist, dass man de Reppe zälle kann (die Rippen zählen kann), so nennt man ihn abfällig ein Reppejespens (Rippengespenst). Wenn man, beispielsweise an der Theke, eine etwas weiter weg stehende Person auf sich aufmerksam machen will, fordert man den Nächststehenden auf: Stöß dä Fränz doo ens en de Reppe (Stoß den Franz mal an). Söüsreppcher mot Suëre Kappes (Schweinerippchen mit Sauerkraut) war und ist eine herzhafte Mahlzeit auf dem Eifeler Mittagstisch, und „jemandem das Fell gerben“ heißt auf Holländisch iemand wat op zijn ribbekast geven (Jemandem etwas auf seinen Brustkorb geben).

rief (gedehntes i)
Rief ist keineswegs die erste Vergangenheitsform von „rufen,“ (die heißt in unserem Dialekt reef ), vielmehr handelt es sich um das Eigenschaftswort „reif.“ So sind beispielsweise gegenwärtig, da ich diese Zeilen schreibe (29. September 2016) bei uns de Promme rief (die Pflaumen reif), es gibt sie heuer in Unmengen und von bester Qualität. Rief bedeutet „voll entwickelt, ausgewachsen, ausgereift), und zum Üßriefe (Ausreifen) braucht naturgemäß alles eine ganz bestimmte Zeit. In der Natur dauert er beispielsweise ein ganzes Jahr, bis wieder de Walebere, de Fruëch, et Obbs oder de Nöß rief sen (die Waldbeeren, die Frucht, das Obst oder die Nüsse reif sind). Auch der Furunkel, der uns Kinder ziemlich häufig plagte, musste rief were (reif werden) und aufbrechen und das bedeute meistens eine Woche lang enorme Schmerzen am Hinterkopf oder auch peinlicherweise am Hinterteil. Von einem unbelehrbaren Wiederholungstäter behaupteten die Leute gelegentlich: Dä os rief für dr Knast, und wollte man gemein und kränkend argumentieren, dann hieß es: Du bos rief für de Anstalt. Das Zeitwort riefe bedeutet „reifen“ sowohl im Sinne von „reif werden“ als auch von „leicht frieren.“ Eine Bauernweisheit besagt: Wenn et aanfängk ze riefe, fängk dr Kappes aan ze kniepe, übersetzt „Wenn es anfängt zu reifen, fängt der Kohl an sich zu schließen.“ Und eine weitere Regel besagt: Hammer Allerhellije Rief, os et Chreßdaach wieß on stief (Haben wir auf Allerheiligen Reif, ist es Weihnachten weiß und steif gefroren).

riere  
Das ziemlich seltsame Wort bedeutet generell „rieseln, abfallen,“ wird aber nur in bestimmtem Zusammenhang angewendet. Der Eifeler würde beispielsweise niemals sagen „leise riert der Schnee.“ Mit riere wird das vermehrte Zu-Boden-Fallen kleiner Teilchen bezeichnet, ein klassisches Beispiel hierfür ist der nadelnde Weihnachtsbaum: Dr Chreßboum riert. Auch im Wald rieren die Fichtennadeln zu Boden, das Laub dagegen fällt eraff, es riert nicht. Wenn an Decke und Wänden die Farbe abblätterte, stellte der Hausherr verärgert fest: Dr Kalek riert van dr Deck, et Huus moß jewieß were (Der Kalk rieselt von der Decke, die Küche muss geweißt werden). Die Rundholzdecke über den Stalltieren musste erneuert werden, weil dr Heusoome durch de Retze riert (der Heusamen durch die Ritzen rieselt) und beim Melken in den Milcheimer geriet. Und der Sand im Spielkasten musste trocken sein, damit er joot durch et Siebche riert (gut durchs Siebchen rieselt). Eine Vergangenheitsform von riere, etwa rierte, ist nicht bekannt, allenfalls wird mit hät jeriert (hat gerieselt) umschrieben. Seltsamerweise steht riere auch für „schlagen“ im Sinne von prügeln: Jeff dech en de Rouh oder du kreß ejne jeriert datte drej Daach rückwärts jehs (Gib Ruhe oder du kriegst eine Tachtel, dass du drei Tage rückwärts gehst).

Riev
Die „Reibe“ war früher ein unentbehrliches Küchengerät, es gibt sie auch heute noch, oft jedoch wird sie durch elektrische Maschinen ersetzt, besonders dort, wo „Reibmasse“ in größeren Mengen herzustellen ist, zum Beispiel an der Imbissbude. Die Riev unserer Eltern war ein halbrund gebogenes Reibblech im stabilen Rahmen. Sie kam hauptsächlich zur Anwendung, wenn Rievkooche (Reibekuchen) gebacken wurde und Kartoffeln zu zerreiben waren. Jrompere rappe hieß dieser Vorgang, die Riev wurde somit vielfach auch Rapp genannt. Beim Jrompere rappe „half“ ich gelegentlich Jött oder Mam bei der Arbeit, gab diese „Hilfe“ aber sehr bald auf: Wenn die Kartoffel alle war, rappte ich mir beim kleinen Rest an den scharfen Zacken der Riev die Finger blutig. Es gab auch eine Mini-Ausgabe der großen Riev, allgemein nur et Rievje genannt, eine Reibe zum Zerkleinern von Kernfrüchten, besonders von Muskatnüssen. Die Riev war naturgemäß aus Metall hergestellt und hieß daher vielfach auch Rieviese (Reibeisen). Wegen ihrer Derbheit war sie mehr oder weniger ein Symbol für Unangenehmes, eine Halserkältung beispielsweise verursachte en Stemm wie e Rieviese (eine Stimme, rauh wie ein Reibeisen), und eine zänkische und kratzbürstige Dorfbewohnerin wurde sehr leicht zum ungeliebten Rieviese. Omas Weischbrett (Waschbrett) wurde wegen seiner welligen Reibfläche auch Rievbrett genannt, ein Rievbrett braucht nicht zuletzt der Verputzer am Bau zum Verreiben von Putz oder Estrich. Der Überlieferung nach muß die Riev früher sogar ein gängiges Schlagwerkzeug für den Hausgebrauch dargestellt haben. Das geht aus der Drohung hervor: Jeff dech en de Rouh sons kreßte e paar mot dr Riev, was selbst den aufmüpfigsten Ehemann „volle Deckung“ nehmen ließ.

Rievkooche
Reibekuchen, wer bekommt bei der Nennung dieser Leckerei nicht das „Kinnwasser?“ Vor dem geistigen Auge entsteht ein Berg Eifeler Rievkooche, frisch aus der Pfanne, duftend und dampfend, heiß schmecken sie am besten… Es gibt Hunderte Zubereitungsarten von Kartoffeln, Rievkooche ist eine der Leckersten darunter. Wenn es im Eifelhaus Rievkooche gab, dann wurde das in der näheren Umgebung im Sinne des Wortes „ruchbar,“ der Nachbar schnupperte genüsslich und meinte angelegentlich: Jung Mattes, bie öch rüch et äwwer noch ens joot. Normalerweise war dann die Reaktion: Dann komm on probier ens, manchmal wurde auch ins Haus eingeladen: Dann komm eren on kick erüß (komm herein und schau hinaus). Fürs Rievkoochebacke eignet sich ganz hervorragend die mächtige gusseiserne Bratpfanne unserer Eltern, fünf normale handgroße Köjelcher (kleine Kuchen) fanden darin Platz. Gebacken wurde bei uns mit selbstgemachtem Schmalz von der Hausschlachtung, heiß aus der Pfanne und fast triefend von Fett waren die „Kartoffelpuffer“ am leckersten, Jrompere Kooche (Kartoffelkuchen) nannte Vater sie recht treffend. Er verzehrte die Kuchen gerne auch kalt, als Brotbelag, und das ist gar nicht mal so „uneben.“ Fürs Rievkoochebacke war im Küchenherd ein kräftiges Feuer erforderlich, und das erzeugten wir mit speziellem Rievkoocheholz in Gestalt dürrer Buchenäste oder trockener Dännebetze (Fichtenzapfen). Als Reibekuchen-Spezialisten weit über die Gemeindegrenzen hinaus bekannt, sind die „Unsichtbaren Freunde“ aus Blankenheimerdorf, der Förderverein für tumor- und leukämiekranke Kinder.

Röb  
Die Röb ist die hochdeutsche Rübe und war früher ein bedeutendes Nahrungsmittel. Besonders im Krieg und in den Hungerjahren danach war Kolerawejemöös ein häufiger und sogar auch recht schmackhafter „Sattmacher“ auf dem Eifeler Mittagstisch: Gemüse aus gekochten weißen Kohl- oder Runkelrüben, die der Bauer selber anbaute und die generell als Viehfutter dienten. Bei uns Kindern waren rohe Scheiben beliebt, das weiße Rübenfleisch war saftig und schmeckte angenehm süßlich. Landläufig ist Röb auch ein scherzhaftes Wort für den Kopf: Ech rießen dir de Röb aff (Ich reiße dir den Kopf ab). Und schließlich ist Röb auch eine gebräuchliche Namensabkürzung für „Robert.“ Bäckesch Röb ist mir beispielsweise noch gut in Erinnerung, Robert Zimmermann aus Nettersheim, dem ich gelegentlich mit ein paar Karbidbrocken fürs Hielichschießen aushalf. Unsere Jött (Tante) stellte des Öfteren Röbstiel auf den Mittagstisch, ein Gemüse aus den jungen Stielen und Blättern der Kolerawe, das ich nicht mochte. Zuckerröbe treten manchmal unangenehm in Erscheinung, nämlich im Spätherbst, wenn die Rübenbauern mit hochbeladenen Fahrzeugen durch Euskirchens Straßen zur Zuckerfabrik rollen und an den Kreuzungen Teile ihrer Ladung verlieren: Stolperfallen für Autos und Fußgänger. Und schließlich: Rübezahl ist die Sagengestalt aus dem Riesengebirge, und dieser Name bleibt auch im Eifeler Dialekt unverändert.

Röbekrutt
Das Mundartwort ist unverwechselbar: Rübenkraut, in der Fachsprache meistens „Zuckerrübensirup“ genannt. „Kraut“ als Bezeichnung für den zähen braunen Sirup führt man verschiedentlich darauf zurück, dass bei der Herstellung die Rüben ähnlich wie Sauerkraut behandelt werden (Wikipedia). Röbekrutt war zu unserer Kinderzeit ein Standard-Brotaufstrich, ein sehr beliebter obendrein. Bei uns daheim gab es das Kruttdöppe (Krauttopf), ein eimerartiges verschließbares Behältnis, das schätzungsweise drei Liter Röbekrutt fasste. Daraus wurde der Wochenbedarf für den Verbrauch in ein kleines Stejndöppche (Keramiktöpfchen) abgefüllt. War der Eimer leer, ließ man ihn beim Dorfkrämer aus dem hölzernen Sirupfass nachfüllen. Röbekrutt war ein begehrter Brotaufstrich, der allerdings allzu schnell über den Schnittenrand tropfte und klebrige Finger verursachte. Es klingt seltsam, stimmt aber: Bei der Zubereitung von Sauerbraten wurde süßes Röbekrutt verwendet, das verlieh dem Fleisch eine ganz besondere Geschmacksnote. Zuckerrübensirup war mehr oder weniger ein kostengünstiger Honigersatz, es gibt ihn auch heute noch im Supermarkt, und der Kenner möchte nach wie vor nicht auf seine Schnedd mot Röbekrutt verzichten.

Rochus
Ein in der Eifel früher häufiger Männername, heute kaum noch anzutreffen. Der heilige Rochus hat im 14. Jahrhundert die Menschen von der Pest geheilt, sein Namensfest ist der 16. August. Eine Bauernweisheit besagt: „Wenn Sankt Rochus trübe schaut, kommt die Raupe in das Kraut.“ Seltsamerweise steht der Name Rochus auch für eine ganz und gar unheilige Sache: Op dä han ech ene janz jewaltije Rochus, heißt es gelegentlich auch heute noch, wenn man seiner Wut über eine bestimmte Person Luft machen will. Die Kirche in Wahlen (Gemeinde Kall) ist dem heiligen Rochus geweiht, dort gibt es auch den St. Rochus - Schützenverein. Einer meiner früheren Bahnkollegen hieß Rochus, er war im Krieg Luftschutzwart in seinem Dorf und unterrichtete die Bewohner über das nächtliche Verdunkeln der Häuser durch Abschirmen der Lampen: „…und wenn man nix anderes hat, dann hängt man eben eine Rocksmau (Rockärmel) oder ein Butzenbein (Hosenbein) über die Lampe.“ Das trug ihm den Spitznamen „Rocksmau“ ein, wenn er den von uns hörte, wurde er wild. Rochus ist seit vielen Jahren das Pseudonym für den Verfasser der täglichen Lokalspitze in der Rundschau, ich selber habe eine Vielzahl dieser Beiträge geschrieben. Erfinder war Josef Lorbach aus  Wollseifen. Lorbach war Mitarbeiter bei der Rundschau und den Lesern insbesondere als Krommenauels Jüpp ein Begriff, der sehr viele Mundartbeiträge verfasst hat.

Röcke (weiches ö)
Der menschliche Rücken macht sich in vielen Fällen recht unangenehm bemerkbar, beim Jrompere kaaschte (Kartoffeln aushacken) beispielsweise oder beim Garten umgraben. Ech han et em Röcke (wörtlich: ich habe es im Rücken) ist eine Hauptklage vieler Arbeitnehmer und ein Hauptärgernis vieler Arbeitgeber. Jemandem dr Röcke dardrähe (den Rücken zuwenden) ist ein Ausdruck von Ablehnung und Missachtung, ene kromme Röcke maache bedeutet dagegen Unterwerfung und Anerkennung. Du kanns mir ens dr Röcke erop rötsche (den Rücken hinauf rutschen) bekundet strikte Ablehnung und kann in den meisten Fällen mit dem „Götz-Zitat“ gleichgestellt werden. Op dr Röcke falle ist ein Begriff für „sprachlos vor Staunen, Überraschung, Schreck“, unsere Jött unterdessen fiel im besten Mädchenalter in Sinne des Wortes op dr Röcke (sie rutschte auf dem Eis aus) und trug einen lebenslangen Röckstrangschade (Rückgradverletzung) davon. Ein lustiges Ereignis aus meiner Kinderzeit ist mir im Gedächtnis geblieben: Unser Nachbar Kaue Mattes stotterte ziemlich stark, war aber sonst ein recht cleverer Mann. Ich erzählte ihm, vom Waldbeerensammeln täte mir der Rücken weh. Er meinte, das könne aber nicht sein, denn: Duë äsch doch noch tejne Öcke, duë äsch e Öckche (Du hast doch noch keinen Rücken, du hast ein Rückchen). Tiere besitzen selbstverständlich auch einen Rücken, einen ganz speziellen und delikaten dieser Sorte lernte ich am 06. Juni 1974 kennen. Da nämlich kehrte die Landesprüfungskommission „Bürger, es geht um deine Gemeinde,“ nach der Bereisung unserer Oberahr, zum Abschlussessen bei Friesens Herbert ein, und da gab es die erwähnte Delikatesse, nämlich Riehröcke (Rehrücken) vom Feinsten. Gastgeber war damals Gemeindedirektor Peter Reger, und der lud die Pressevertreter selbstredend auch zu den angenehmen Ereignissen ein.

Rommele (weiches o)
Rommele ist eigentlich ein allgemeiner Ausdruck  für Wurzeln. Bei uns war es das Wort für die gelben Futterrüben, auch „Runkelrüben“ oder „gelbe Walzen“ genannt, ein wichtiges Nahrungsmittel fürs Vieh. Regional war auch der Ausdruck Knorre üblich, beispielsweise in Nettersheim. Die „weißen Schwestern“ der Rommele waren die Kolerawe, die auch dem Menschen mundeten und recht häufig auf den Mittagstisch kamen oder besonders von uns Kindern roh verzehrt wurden. Rommele schmeckten dagegen etwas bitter und ihr gelbes Fleisch sah nicht besonders einladend aus, verschiedentlich wurde aber dennoch Rommelezupp (Suppe) angerichtet. Während für den Anbau von Kolerawe junge Pflanzen – so genannte Küel – gezüchtet und einzeln von Hand gepflanzt werden mussten, wurde die Rommelesaat mit der Sämaschine in den Ackerboden gebracht. Ich entsinne mich noch, dass die Leute tagelang mit Rommele ejnzele beschäftigt waren: Das mühsame „Ausdünnen“ der handhoch gewachsenen Saatreihen, so dass etwa alle 40 Zentimeter eine Pflanze stehen blieb. Bei der Ernte ließen sich die Rommele leicht aus der Erde reißen, sie wurden in Reihen gelegt und „enthauptet,“ das heißt die Blätterköpfe dicht an der Knolle abgetrennt. Hierfür eignete sich ganz passabel ein altes Schällmetz (Werkzeug der Waldarbeiter zum Entrinden von Nadelholz). Die Rommeleblader (Blätter) waren bei den Stalltieren als Futter ebenso beliebt wie die Knollen selber. In der Rommelekuhl Erdmiete blieben die Rüben den ganzen Winter über frisch. Ausgehöhlte Rommele werden auch heute noch gelegentlich zu originellen Laternen oder Fackeln bei Umzügen hergerichtet.

Ronn  (weiches o)
Ein auch heute noch gebräuchliches Mundartwort für „Runde.“ Da tagen beispielsweise beim sonntäglichen Frühschoppen im Landgasthof Cremer regelmäßig zwei Skat-Ronne, manchmal derart intensiv, dass sich die Thekengäste nur noch brüllenderweise zu verständigen vermögen und die Sonndaachs-Ronn (Sonntagsrunde) am ronne Desch (runden Tisch) sich die Ohren zuhält. Früher tagte am Tisch gleich neben dem Eingang die Buëre-Ronn (Bauernrunde) mit Bürgermeister Toni Wolff und den heimischen Landwirten, und wenn der Gastwirt joot drop (gut drauf) war, schmiss er en Thekeronn (eine Thekenrunde). Die vom Kippelberg in Richtung Kirche abzweigende Stichstraße heißt In der Ronn. Und wenn mein Bahnkollege Jakob Knorr (Knorrs Köbes) aus Reetz eine Angelegenheit für völlig in Ordnung fand, stellte er fest: Dat os en ronn Saach (Das ist eine runde Sache). Unser Zeitungszusteller Johann Reetz (Hahnebrochs Schäng) drehte seinerzeit bereits seine Zeidongsronn (Zeitungsrunde) durchs Dorf, wenn ich um 4,30 Uhr zum Frühdienst fuhr. Und wenn bei uns auf dem Kippelberg (Ortsteil) Garagenfest gefeiert wurde, tagte die gesellige Karascheronn (Garagenrunde) bis in den frühen Morgen.

roose (hartes o)
Die offizielle Übersetzung lautet „rasen,“ in unserem Dialekt wird das Wort unterdessen auch anstelle von „lärmen, toben, wüten“ gebraucht. Roose wie ene Stier beschreibt mehr oder weniger einen Tobsuchtsanfall, roose wie ene Hond aan dr Kett ist eher ein Wutausbruch. Nach einer unruhigen schlaflosen Nacht beklagt man sich am nächsten Morgen: Dr Düwel soll et holle, ech han dies Nääch wier em Bett eröm jeroos wie jeck. An Waschtagen mahnte uns Mam vor allzu wildem Treiben im Freien: Roost mir net  öwwer dr Peisch eröm, do litt de Weisch op dr Blejch (Tobt mir nicht über die Wiese vor dem Haus, dort liegt die Wäsche auf der Bleiche). Beim Sirenenalarm roosen die Männ van dr Feuerwehr nohm Jerätehuus. Ein Schmunzelbild aus der Zeit, als „mit achtzig Sachen“ noch ein Begriff für rasantes Fahren war, ist mir noch Erinnerung: Der Rennfahrer machte ein paar Hühner des Bauern „platt“ und der Besitzer drohte mit der Mistgabel: Dr Düwel höllt dech (Der Teufel holt dich). Der Rennfahrer gelassen: Bei honnertzwanzich Kilometer krett dä mech net. 120 Km/h waren offensichtlich damals selbst für den Teufel zu rasant. Das aus roose gebildete Adjektiv ist röösich und bedeutet „wild, rasend.“ Ein ungestümes und aufsässiges Rind, zum Beispiel unsere Brong, war e röösich Dier und bedurfte besonderer Aufmerksamkeit etwa beim Viehhüten. Wenn eine Arbeit absolut nicht fluppe (glücken, funktionieren) wollte, fluchte Mänes ärgerlich vor sich hin: Do soll dr Düwel net röösich were, und beim Anstreichen der Brotpfadhütte im Salchenbusch kam einmal ein röösiger (tollwütiger) Fuchs auf mich zu.

Roothuus
Den Begriff „Rathaus“ kannten früher die Leute auf dem Land kaum, ein „Haus des (Gemeinde-) Rates gab es nicht, die Ratsversammlungen fanden reihum in den Dorfkneipen statt, im Schulgebäude oder in kleinen Ortschaften auch im Wohnzimmer des Bürgermeisters. Ich erinnere mich noch gut an Ratssitzungen vor der Kommunalreform in Lindweiler oder Schnorrenberg: Wir Zeitungsvertreter hockten an der Stubenwand, die Sitzgelegenheiten reichten gerade so für die Ratsherrn. Sitz der Verwaltung war das Amt, offiziell die Amtsverwaltung, geführt vom Amtsdirektor. Das war bei uns im Amtsbezirk Blankenheim bis 1967 Fritz Decker, sein Nachfolger war Peter Reger, der ab 1969 Gemeindedirektor der neuen Großgemeinde wurde. Die Vertreter der zugehörigen Gemeinden bildeten den Amtsrat, geführt vom Amtsbürgermeister. Das war bei uns bis zur Neugliederung Arnulf Bungartz aus Dollendorf. Das Wort Roothuus wurde an unserer Oberahr erst mit der Einweihung des Neubaues in 1971 populär. Hier war jetzt auch ein richtiger Sitzungssaal, in dem fortan der Gemeinderat tagte. Im alten Bau an der Ahrstraße gab es das nicht, dort hatten sich die Verwaltungsleute beinahe gegenseitig „auf den Füßen gestanden.“ Das neue Roothuus war anfangs ob seiner Geräumigkeit und Ausstattung als „Wohlstandsbaracke“ ein vieldiskutierter Begriff geworden. Diese Wogen haben sich inzwischen längst geglättet, Blankenheim hat einen „Rathausplatz“ und sogar eine „Rathaus Apotheke“ bekommen.

röste  (weiches ö)
Ein Dialektwort mit zweierlei Aussprache und dreierlei Bedeutung. Mit kurzem weichem ö gesprochen, steht es für „rüsten“ in allen Varianten unserer Standardsprache. Mit hartem ö gesprochen (Beispiel: Köln) bedeutet es „rösten,“ stand zur Zeit unserer Eltern aber auch noch für „ausruhen, rasten,“ was unterdessen heute längst durch reißte ersetzt ist. Früher seufzte beispielsweise der müdgelaufene Wandersmann bei Anblick eine Ruhebank: Hie weren ech mech ens jät röste, heute heißt es bei gleicher Gelegenheit: Hie reißten ech ens jät. Früher wurden zur Dorfkirmes Haus und Hof auf Vordermann gebracht, et Huus für et Fess röste nannte man diese Prozedur, und wenn dann alles blitzte und blinkte, stellte die Hausfrau zufrieden fest: Jetz sen mir für de Kirmes jeröss. Eine beim Kleingärtner beliebte Frühjahrsarbeit ist alljährlich dr Jade röste (den Garten vorbereiten). Nicht unbedingt beliebt, für den Bauersmann aber unerlässlich war früher et Jromperestöck röste (das Kartoffelfeld fürs Auspflanzen vorbereiten). Das nämlich bedeutete das Ausbringen von Stallmist, und das war Knochenarbeit. Opröste (aufrüsten) war und ist ein ungeliebtes Wort im Zusammenhang mit Krieg, affröste (abrüsten) klingt da schon sehr viel friedlicher. Enröste (einrüsten) bedeutet das Aufbauen eines Gerüstes, beispielsweise wenn dr Jewwel jekälek werden soll (Hausanstrich). Und wenn der Achtzigjährige noch munter Brennholz hackte, meinten die Leute anerkennend: Dä os äwwer noch röstich für se Alter.

Röüchdöppe (weiches ö)
Das Eifeler Röüchdöppe ist ein „Räuchertopf“ und somit das hochdeutsche Rauchfass. Zu meiner Messdienerzeit im und nach dem Krieg, wurde bei Dechant Hermann Lux Weihrauch im Gottesdienst nur beim festlichen Hochamt – Ostern, Pfingsten, Weihnachten – eingesetzt. Bei einer solchen Huhmoss (Hochamt) kamen vier Messdiener zum Einsatz: Zwei „normale“ Altardiener und zusätzlich zwei Röüchfassschwenker. Ich selber kam mit dem Röüchdöppe nicht so gut zurecht. Beim Beräuchern des Priesters musste das Gefäß nach jedem „Schwung“ dreimal hörbar gegen die Tragekette schlagen, und das schaffte ich nicht. Nach dem Krieg, als es keinen echten Wiehruch (Weihrauch) gab, behalfen wir uns mit Fichtenharz, das qualmte auch und duftete noch nicht mal so ganz uneben. Weil Zündhölzer rar waren, bastelten wir Hütebuben uns aus einer alten Konservendose mit durchlöchertem Boden ein Röüchdöppe. Dahinein kamen glühende Kohlen aus dem Küchenherd, ein paar zurecht gesägte Holzstücke drauf, fleißig geschwenkt, und auf ging´s zum Kühehüten, lebendiges Feuer im Handgepäck. Mit unserem Weide-Röüchdöppe ließen sich prächtige Rauchkringel in die Luft malen.

rouche
Das Wort bedeutet „rauchen“ und wird mit deutlicher Trennung der beiden Vokale ausgesprochen: Ro-uche, nicht etwa „ruuche.“ Unsere Mundart kennt rouche ausschließlich als Ausdruck für das Tabakrauchen, im Hochdeutschen kann aber auch „rauchen“ soviel wie „qualmen“ bedeuten, wie beispielsweise im Sprichwort „Der Kamin muss rauchen.“ Hier sagt der Eifeler dr Kamin moss dämpe. Für uns Pänz (Kinder) war rouche beinahe eine Todsünde, trotzdem drehten wir uns als Hütebuben am Weidefeuer fingerdicke „Zigarren“ aus fettigem Butterbrotpapier und getrocknetem Hasellaub – und spuckten uns vor Übelkeit „die Seele aus dem Leib,“ ganz zu schweigen von dem „Nachspiel“ daheim angesichts unserer kalkweißen Gesichter. An echten Tuback (Tabak) kamen wir kaum heran: Vater trug seine Zigaretten stets in der Tasche, und Ohm Mattes verwahrte seinen Tubaksböggel ebenfalls ständig am Liev (am Leib = in der Hosentasche). Wenn man als Jugendlicher erstmals öffentlich eine Zigarette rauchte, wurde man von den Erwachsenen gehänselt: Häßte dir och de Botz joot zojebonne? Dass man als Raucherneuling tatsächlich tunlichst die Hosenbeine gut zubinden sollte, erfuhr ich selber auf drastische Weise. Ich hatte im Depot der Wehrmacht (1944) eine Schachtel „Eckstein“ geklaut und probierte in der nahen Hardt die Glimmstengel aus. Zwei Stück hintereinander, dann glaubte ich zu sterben. Daheim sah – und roch! – „Mam“ die Bescherung und zog mir die duftenden Klamotten vom Leib. Ich war kuriert. Als 1945 die Amerikaner da waren, sammelte ich jede erreichbare Zigarette für den Tag, an dem Pap hejm kött (Vater aus dem Krieg kommt), selber rührte ich kein Stück mehr an. Vater kam im August 1945, als er den Karton mit über 3.000 Zigaretten sah, sprang er beinahe an die Decke. Als starker Raucher hatte er monatelang von weggeworfenen Kippen „leben“ müssen.

röüche 
Mit diesem Begriff sind ganz spontan angenehme Erinnerungen verbunden. Röüche bedeutet „räuchern“ und damit in erster Linie das Haltbarmachen von Fleisch- oder Fischerzeugnissen durch Raucheinwirkung. Bei uns daheim wurden Fleisch, Speck und Würste vom letzten Schlachttag an ganz bestimmten Tagen geräuchert. Die Kriterien hierfür kenne ich nicht, möglicherweise spielten dabei die Mondphasen eine Rolle, die ja im bäuerlichen Alltag immer von Bedeutung waren und auch heute noch ihren Niederschlag im „Mondkalender“ finden. Höck wiėd jeröüch (heute wird geräuchert), verkündete Ohm Mattes frühmorgens und damit begann die Zeremonie. Der offene Kamin in der Küchendecke über dem Herd war im unteren Teil so geräumig, dass der Schornsteinfeger mit einer Leiter hinein steigen konnte. Auf halber Höhe gab es einen massiven eisernen „Schieber,“ mit dem der eigentliche Kamin verschlossen und der Zugang zur Räucherkammer (siehe: Röüches) geöffnet werden konnte. Der Küchenherd wurde am Röüchdaach (Räuchertag) durchgehend intensiv mit ausgesuchtem Holz beheizt: Buchenholz, das eigens aus dem übrigen Brennholz aussortiert worden war. In bestimmten Zeitabständen wurden frische Wacholderzweige ins Feuer gegeben, deren würziger Rauch dem Fleisch eine ganz spezielle Geschmacksnote verlieh. Der Wacholder ist längst naturgeschützt, – es gibt unterdessen bei uns aber auch keine Hausschlachtungen und damit kein privates röüche mehr.

Röüches
Zu Großmutters Zeiten war im Eifelhaus das Röüches unentbehrlich, das Räucherhaus, in dem die diversen Würste und Schinken aus der Hausschlachtung zu köstlichen Gaumenfreuden heranreiften. Das an den Kamin angemauerte Räucherhäuschen stand meistens auf dem Spicher (Dachboden), durch einen eisernen Schieber konnte der Kamin gesperrt und der Herdrauch durchs Röüches geleitet werden. Während der Räucherperiode wurde ausschließlich mit ausgesuchtem Bööcheholz (Buchenholz) jestauch (gestocht, geheizt) und in Abständen durch Verbrennen von Waachhecke (Wacholderstauden) eine spezielle Rauchwürze herbeigeführt. In unserem heutigen Haus Muuße in Blankenheimerdorf  war das Röüches aus Schwemmstejn („Schwemmsteine,“ Bimssteine) gemauert und stand auf einem der quer durchs Haus verlaufenden schweren Trägerbalken aus Eichenholz. Der Balken ragte zur Hälfte in die Rauchkammer hinein und war auf diesem Teilstück total verkohlt. Das stellten wir später beim Abbruch fest. Wie ich von unserem Schornsteinfeger erfuhr, waren Holzträger im Röüches früher beinahe die Regel. Aus Holz war sehr oft auch die Tür, ebenso die quer durch die Rauchkammer verlegten Stangen, an denen die Räucherteile mit Fleischhaken aufgehängt wurden. Aus Brandschutzgründen wäre heutzutage das Röüches aus Omas Zeiten undenkbar.

Rouhbank
Die wörtliche Übersetzung ist „Rauhbank,“ (heute Raubank). Das Wort ist auch heute noch gebräuchlich, allerdings findet man das damit bezeichnete Werkzeug nur noch beim Hobbyschreiner. Die Rouhbank war und ist der Langhobel, mit dem früher der Schreiner  größere Holzflächen „planierte,“ nachdem mit dem Schrupphobel die gröbsten Unebenheiten zuvor beseitigt worden waren. Die Rouhbank war etwa 60 Zentimeter lang und dadurch speziell fürs „Planhobeln“ geeignet. Diesen Vorgang nannte man „Schlichten,“ für kleine Flächen gab es eigens den handlichen Schlichthobel. Den letzten Schliff erhielt die geschlichtete Platte durch den Putzhobel, mit dem sich hauchdünne Späne abheben ließen. Mit der Rouhbank ließen sich auch die Brettkanten „strecken,“ das heißt fürs Zusammenfügen (Leimen) rechtwinklig hobeln und „planieren.“ Oft gab es indessen hierfür die spezielle Foochbank oder auch Fööchbank (Fugbank / Fügebank), die 80 Zentimeter lang war und deren Handhabung eine gute Portion Geschick und Muskelkraft voraussetzte. Die Funktionen von Rauh- und Fugbank haben längst Dicken- und Abrichthobelmaschinen übernommen. Die Rouhbank aus Vaters Werkstatt existiert noch, ebenso die fürs Strecken erforderliche selbstgefertigte Auflegestütze (siehe: Bankknäech).

ruche
Das Wort bedeutet „riechen“ und ist mit dem „Geruch“ verwandt, der im rheinischen Dialekt zum Jeruch wird. Das Haustöchterchen hatte sich für den Kirmesball parat jemääch (zurecht gemacht, ausstaffiert) und die Mutter wunderte sich: Du rüchs äwwer noch ens wie ene janze Parfümlade. Klara hatte sich mit der Freundin überworfen und erklärte: Ech kan dat Drout net mieh ruche, dat oß mir ze enjebildt. Jemanden „nicht riechen können“ ist bekanntlich auch in unserem Hochdeutsch eine gängige Redewendung. Mr rüch et (Man riecht es) ist ebenfalls ein häufig gebrauchtes Wort. Ech wor aan dr Frittebud erklärte beispielsweise einer aus der Thekenrunde seine vorübergehende Abwesenheit, und die Kumpane stellten fest: Ijo, mr rüch et (Jawohl, man riecht es). Ein Bauernhof am Niederrhein, die großen Stallungen waren direkt vom Haus aus zugänglich, das ganze Haus duftete intensiv nach Silage. Als ich von einem Besuch dort nach Hause kam, wurde ich empfangen: Mensch, du rüchs jo wie e komplett Silo. Der Nachbar lobte im Vorübergehen: Jung bie öch rüch et äwwer joot, und prompt wurde er, wie insgeheim erwartet, zu einer Kostprobe vom frischen Rievkooche (Reibekuchen) eingeladen. Ech ruche nix, ech han dr Schnopp klagen wir, wenn uns ein kräftiger Schnupfen erwischt hat. Interessant sind die Vergangenheitsformen von ruche, ein Beispiel: Ech ruche jät (ich rieche etwas), ech ruëch jät (ich roch etwas), ech han jät jerauche (ich habe etwas gerochen).

Ruësekranz
Der „Rosenkranz“ ist die Gebetskette der katholischen Christen bei der Marienverehrung, aber auch das Rosenkranzgebet an sich wird kurz als „Der Rosenkranz“ bezeichnet. Früher gab es den „freudenreichen,“ den „schmerzhaften“ und den „glorreichen“ Rosenkranz, im Jahr 2002 hat Papst Johannes Paul II den „Lichtreichen“ zusätzlich eingeführt. Zu unserer Kinderzeit hieß es sonntags nachmittags: Maach dech en dr Ruësekranz (Rosenkranzandacht, auch Andacht allgemein). In Nonnenbach zogen früher in der Osterwoche die Dorfbewohner an den drei Kartagen abends in einer Prozession aan et Krütz (wörtlich: An das Kreuz), dabei wurde der Ruësekranz gebetet. Das Kreuz stand außerhalb der Ortschaft an der  Forststraße nach Salchenbusch. Ursprung und Hintergrund dieser Prozessionen sind nicht bekannt. Ein Ruësekranz, möglichst vom Priester geweiht, war für jeden Erstkommunikanten ein unabdingbares Kommeniuënsjeschenk (Kommunionsgeschenk), das ein Leben lang sorgsam behandelt und aufbewahrt wurde: Nach dem Tod des Besitzers wurde der Ruësekranz dem aufgebahrten Verstorbenen in die Hände gelegt. Die Mädchen trugen bei der Erstkommunion einen Kranz aus weißen Rosen im Haar, und die Haustür erhielt einen Rundumschmuck in Gestalt einer mit weißen Rosen besetzten dicken Girlande aus frischem Fichtengrün.

Rutte
Rutte
ist die Mehrzahl von Rutt und ist das Eifeler Wort für „Fensterscheiben.“ Regional sagt man auch Ruute oder Route. Speziell in Blankenheimerdorf ist Rütte üblich. Die Verwandtschaft mit dem holländischen Ausdruck „Ruiten“ ist offensichtlich, den wir fälschlicherweise „Rüten“ aussprechen, richtig ist dagegen „Reuten“ (ui = in Holland „eu“ gesprochen). Echte Eifeler Rutte waren klein, Scheiben etwa von einem Viertelquadratmeter Größe waren schon ein Zeichen von Wohlstand. Die Rutte beeinträchtigten zwar den Lichteinfall, hatten aber einen wichtigen Vorteil: Wenn eine Scheibe zu Bruch ging, wenn etwa der Dilldopp (Kreisel) durch de Rutt jing, hielten sich die Reparaturkosten der kleinen Scheibe in erträglichen Grenzen. Als am Samstag, dem 22. Juli 1950, ein verheerendes Hagelunwetter über Blankenheimerdorf hereinbrach, gingen Hunderte von Rutte aller Größen zu Bruch. In einer wahren Völkerwanderung schleppten die Leute ausgehängte Fensterflügel mit zerdepperten Scheiben in Vaters Schreinerwerkstatt. Unser kleiner Glasvorrat war im Handumdrehen aufgebraucht. Vater telefonierte mit unserem Glaslieferanten in Bonn, am nächsten Morgen – Sonntag! – kam eine Eilzustellung: Drei Kisten Bauglas und zwei Zentnerkübel Leinölkitt.

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